Wendell & Wild

Länge:
106 Minuten (Blu-ray: 106 Minuten)
Altersempfehlung:
Ab 12 Jahren
FSK-Freigabe:
keine Angabe
Kinostart:
28.10.2022
Regie:
Henry Selick
Darsteller:
/
Genre:
Horror , Animation , Komödie
Land:
USA, 2022

Endlich wieder ein neuer Stop-Motion-Film von Henry Selick, der uns mit seinem wunderbaren, großartigen „Coraline‟ das Gruseln gelehrt hat! Puppentrick und Horror – geht das zusammen? Für Selick jedenfalls scheint es die perfekte Kombination zu sein. Und das merkt man auch „Wendel & Wild‟ an: Das Figurendesign ist eigenwillig, manche Wesen wirken manchmal geradezu zweidimensional und erinnern an Gemälde von Picasso, an Schönheitsideale passen sie sich ohnehin nicht an. Flüssig und makellos bewegen sich die per Hand animierten Figuren in einer in giftigen Farben erstrahlenden Miniaturwelt. Das alles bringt zum Staunen. Nur: Letztlich übertrumpft die Optik dann leider die Geschichte, die aber immerhin auch ziemlich eigenwillig ist.


Darum geht es in „Wendell & Wild“:


Kat ist 13 und hat ihre Eltern vor fünf Jahren bei einem dramatischen Autounfall verloren. Seither gibt sie sich die Schuld an deren Tod, weil sie den Vater am Steuer abgelenkt hatte. Kat ist schwermütig geworden und wirkt schon äußerlich ziemlich taff. Ihre Kleidung ist punkig-rotzig, sie hat mehrere Piercings über ihrem rechten Auge und aufgetürmte, grün gefärbte Haare. In das katholische Internat, in dem sie fortan leben soll, will sie jedenfalls nicht so recht passen. Dann passieren merkwürdige Dinge. Erst erscheint eine merkwürdige Narbe auf ihrem Handrücken, die ihre Verbindung in die Welt der Dämonen symbolisiert, kurz danach begegnen ihr in einem Traum die beiden kleinen Dämonen Wendell und Wild, die ihr ein Angebot machen, das sie nicht ausschlagen kann: Wenn Kat die Dämonen in die irdische Welt ruft, versprechen diese ihr, ihre Eltern wieder zum Leben zu erwecken. Kat lässt sich auf den Deal ein. Sie ahnt ja nicht, dass Wendell und Wild gar nicht über diese Macht verfügen. In Wirklichkeit wollen diese nur dem riesigen Oberdämon entkommen, auf dessen verkahlendem Kopf sie magische Haarcreme auftragen müssen, um tote Wurzeln wieder zu reanimieren, und träumen davon, einen Vergnügungspark für verlorene Seelen zu eröffnen.


Lohnt sich der Selick-Film für dich?


An skurrilen Figuren fehlt es nicht in „Wendell & Wild‟, an Motiven auch nicht. Nur kann der Film, zu dem Selick gemeinsam mit Jordan Peele („Get Out‟, „Nope‟) das Drehbuch geschrieben hat, sich nicht entscheiden, über wen er eigentlich erzählen will. Eine Buddy-Komödie über zwei schräge Dämonen? Sicherlich ist es aberwitzig, Wendell und Wild bei ihrer mühsamen Arbeit auf dem Kopf des Oberdämons zu beobachten. Die Hauptfiguren sind sie aber nicht. Das Herz der Geschichte liegt bei Kat. So große Schuldgefühle – das ist heftiger Stoff, der sich nicht ohne weiteres durch ein paar Gags beiseite wischen lässt. Und das tut der Film glücklicherweise auch nicht. Allerdings lässt er lange offen, was mit Kat seit dem Unfall vor fünf Jahren passiert ist. Wie wurde aus dem kleinen Mädchen diese raue Person, die sogar schon mal im Jugendknast war? Erst in einer zwar sehr starken, aber viel zu spät platzierten Szene wird diese Geschichte doch noch erzählt.

Mit seiner Vorliebe für das Abseitige und Abgründige reiht sich „Wendell & Wild‟ ein in eine Riege mit Selicks bisherigen Regiearbeiten „James und der Riesenpfirsich‟ (1996) und „Coraline‟ (2009), aber auch Tim Burtons „Frankenweenie‟ (2012) und „Corpse Bride‟ (2005) sowie Chris Butlers und Sam Fells „Paranorman‟ (2012) – allesamt Puppentrickfilme, die die Brücke zwischen handgemachtem Charme und Grusel schlagen. Das bietet nicht nur Schauwerte, sondern auch eine Möglichkeit, um fantasievoll über Ängste zu erzählen. „Meine Dämonen, mein Problem‟, sagt Kat einmal. Und so ist die Geschichte von „Wendell & Wild‟ auch ein Kampf gegen Dämonen auf ganz unterschiedlichen Ebenen. Zum einen sind es diese kleinen, fiesen Biester, zum anderen sind es die schwermütigen Gedanken und Schuldgefühle, die Kat zu schaffen machen und die sie überwinden muss, bis sie gestärkt in ihr neues altes Leben zurückkehren kann. Das allein als Plot hätte gut und gerne gereicht. Mit seiner Kritik an der Privatisierung von Gefängnissen und am Kapitalismus ganz allgemein – der alte Wohnort von Kats Eltern muss einem neuen Gefängnisbau weichen, in dem scheinbar unbelehrbare Jugendliche inhaftiert werden sollen – schießt der Film dann aber endgültig über sein Ziel hinaus und verzettelt sich. Dafür ist bemerkenswert, wie beiläufig er sein diverses Figurenensemble inszeniert, von der schwarzen Protagonistin über einen Rollstuhlfahrer bis hin zu einem Trans*-Teenager.

Stefan Stiletto

Weitere Angaben

Filmtyp: Farbe

Sprachen: Deutsch, Englisch u. a.

Untertitel: Deutsch, Englisch u. a.

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Angaben beruhen auf Informationen zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (43. Woche 2022).