Panic

Serienstart:
28.05.2021
Staffel:
1
Folgen:
10
Länge der Folgen:
40-49 Minuten
Altersempfehlung:
Ab 16 Jahren
FSK-Freigabe:
Ab 16 Jahren
Regie:
Ry Russo-Young, Jamie Travis, Viet Nguyen, Megan Griffiths, Gandja Monteiro
Darsteller:
Olivia Welch (Heather Nill), Jessica Sula (Natalie Williams), Camron Jones (Bishop Moore), Ray Nicholson (Ray Hall), Mike Faist (Dodge Mason) u. a.
Genre:
Thriller , Drama , Jugend , Literaturverfilmung
Land:
USA, 2021

Die Aussicht auf Anerkennung in den sozialen Medien und auf einen warmen Geldregen animiert in der 2016 veröffentlichten Romanverfilmung „Nerve“ zahlreiche junge Leute zu peinlichen und riskanten Mutproben. Emma Roberts und Dave Franco verkörpern in dem nicht sonderlich subtilen, aber wirkungsvoll umgesetzten Thriller die beiden Hauptfiguren, die von dem titelgebenden Online-Game mitgerissen werden und dessen dunkle Seiten kennenlernen. Inhaltliche Parallelen zum Reißer von Henry Joost und Ariel Schulman (inszenierten auch den Horrorstreifen „Viral“) tun sich in der nun startenden zehnteiligen Amazon-Serie „Panic“ auf, die ebenfalls auf einer Buchvorlage basiert. Auch hier geraten Teenager in den Bann eines mysteriösen Spiels mit gefährlichen Fallstricken. Im Gegensatz zu „Nerve“ interessiert sich US-Autorin Lauren Oliver in ihrem Roman und der von ihr konzipierten Adaption aber nicht für den zunehmend digital geprägten Alltag, sondern stellt etwas anderes in den Mittelpunkt: die Sorge, für immer in einem Kaff festzuhängen.


Worum es in der Amazon-Serie „Panic“ geht:


Weil in Carp nichts Aufregendes passiert und der Wunsch, die texanischen Kleinstadt hinter sich zu lassen, größer nicht sein könnte, haben sich die zu Tode gelangweilten Jugendlichen irgendwann einen vor den Erwachsenen sorgsam abgeschirmten Wettbewerb namens „Panic“ ausgedacht, der alljährlich nach dem Abschlussfest stattfindet. Teilnehmen dürfen alle Highschool-Absolvent*innen. Meistern müssen sie eine Reihe gefährlicher Herausforderungen, für die jedes Jahr neue, geheime Punktrichter*innen und Spielorganisator*innen zuständig sind. Obwohl im letzten Sommer zwei Teenager bei dem Contest ums Leben kamen und Sheriff Cortez deshalb in erhöhter Alarmbereitschaft ist, soll das Panic-Ritual aufrechterhalten werden. Während viele ihrer Mitschüler*innen dem Start des illegalen Spiels entgegenfiebern, hat Heather Nill keine Lust auf den traditionellen Konkurrenzkampf. Erst als sich ihre Mutter Sherri mal wieder am mühsam zusammengesparten Geld ihrer Tochter vergreift, das für eine buchhalterische Ausbildung gedacht war, ändert die Teenagerin ihre Meinung. Zu verführerisch ist der diesjährige Jackpot von 50.000 €, der es dem Gewinner erlauben würde, dem trostlosen Leben im Hinterland zu entfliehen.


Warum sich ein Blick in die Serie „Panic“ lohnt:


„Panic“ erzählt weiß Gott keine komplexe, große Ambitionen verfolgende Geschichte und greift zweifelsohne ein ums andere Mal auf allzu vertraute Stereotypen zurück. Dennoch muss man dem Mix aus lebensbedrohlichen Mutproben, Kleinstadttristesse und romantischen Verwicklungen nach fünf begutachten Episoden eine gewisse Anziehungskraft attestieren. Showrunnerin Oliver und die kleine Regietruppe kurbeln die Spannung in den Sequenzen der einzelnen Spielrunden routiniert an, ohne allerdings den ganz großen Nervenkitzel zu erzeugen. Interessant wird es vor allem dann, wenn die Serie einen genaueren Blick auf die Zukunftsängste der Jugendlichen wirft, die Hintergründe mancher Figuren beleuchtet und überraschende Verbindungen enthüllt.

Heather etwa, die dem „White-Trash-Milieu“ angehört, wie die arme weiße Unterschicht in den USA abwertend genannt wird, schlägt sich mit einer verantwortungslosen Mutter herum und hat keine andere Wahl, als sich an den eigenen Haaren aus dem Sumpf zu ziehen. Dass ihr Heimatort wenige Perspektiven bietet, bekommt sie bei ihrer Suche nach einem neuen Aushilfsjob zu spüren. Inmitten der Ödnis findet Heather Halt in ihrer Freundschaft mit Natalie Williams und Bishop Moore, für den sie – das legt schon die erste Folge nahe – mehr empfindet. Dank erfrischend ungekünstelter Schauspielleistungen wirkt die Vertrautheit des Trios authentisch. Größere Aufmerksamkeit richtet sich auch auf den ebenfalls aus zerrütteten Verhältnissen kommenden Ray Hall, der zunächst als klischeehaft durchtriebener Flachleger und Schikanierer auftritt. In seine enthemmte Performance baut Darsteller Ray Nicholson eine Variation des legendär-fiesen Grinsens ein, das sein berühmter Vater Jack Nicholson geprägt hat. Dass der unsympathische Poser auch eine verletzliche Seite haben könnte, deutet sich ab Episode vier an. Zur Hälfte lässt sich aber noch nicht abschließend beurteilen, ob das etwas plötzlich aufblitzende andere Gesicht nicht nur ein Mittel ist, um sich einen Vorteil im Spiel zu verschaffen.

Klopft man die Serie auf ihre Glaubwürdigkeit ab, stellt sich besonders eine Frage: Bliebe ein Wettbewerb wie der hier beschriebene in einer Kleinstadt tatsächlich weitegehend unentdeckt? Zweifel sind definitiv angebracht. Etwas seltsam gestalten sich auch die von Sheriff Cortez angestoßenen Nachforschungen. Das Bemühen, mehr über die Tradition der Highschool-Absolvent*innen herauszufinden, ist greifbar. Manche Ermittlungsschritte, die eigentlich auf der Hand liegen, werden jedoch nicht in Betracht gezogen. Kann man über diese Brüche hinwegsehen, dürfte „Panic“ allerdings eine passable Sogwirkung entfalten.

Christopher Diekhaus

Weitere Angaben

Filmtyp: Farbe

Streaming-Anbieter

Angaben beruhen auf Informationen zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (21. Woche 2021).