Katla

Serienstart:
17.06.2021
Staffel:
1
Folgen:
8
Länge der Folgen:
42-52 Minuten
Altersempfehlung:
Ab 16 Jahren
FSK-Freigabe:
Ab 16 Jahren
Regie:
Baltasar Kormákur, Börkur Sigþórsson, Thora Hilmarsdottir
Darsteller:
Guðrún Ýr Eyfjörð (Gríma), Íris Tanja Flygenring (Ása), Ingvar Sigurdsson (Thór), Aliette Opheim (Gunhild), Björn Thors (Darri) u. a.
Genre:
Thriller , Science-Fiction , Drama
Land:
Island, 2021

Eyjafjallajökull – dieser beinahe unaussprechliche Name geisterte im Frühjahr 2010 wochenlang durch die Medien, weil das sogenannte Vulkanmassiv im Süden Islands gleich mehrere Ausbrüche verzeichnete. Dabei wurden derart große Aschemengen in den Himmel gestoßen, dass man den Flugverkehr in Teilen einstellen musste. Noch nie zuvor hatte ein Naturereignis in Europa für einen so breitflächigen Stopp in der Luftfahrt gesorgt. Erinnerungen an die Geschehnisse von damals ruft die Netflix-Serie „Katla“ hervor, die unter der kreativen Federführung von Baltasar Kormákur („Die Farbe des Horizonts“, „Der Eid“, „Everest“) und Sigurjón Kjartansson entstand. Auch hier hat ein real existierender Vulkan – die titelgebende Katla – seine Muskeln spielen lassen und das Leben einiger Menschen dramatisch verändert.


Worum es in der Serie „Katla“ geht:


Als vor einem Jahr der von einem Gletscherschild bedeckte Vulkan nach längerer Zeit wieder aktiv wurde und das nahegelegene Städtchen Vík mit einer Aschewolke überzog, verschwand Grímas Schwester Ása spurlos. Während sich ihr Vater Thór inzwischen mit dem Tod seiner Tochter abgefunden hat und nach vorne schauen will, ist die junge Frau nicht bereit, ihren größtenteils evakuierten, nur mit einer Fähre erreichbaren Heimatort zu verlassen. Noch immer hofft sie insgeheim, die Vermisste zu finden. Als eines Tages eine nackte, von Kopf bis Fuß mit Asche überzogene Unbekannte aus dem Gletscher stolpert, ist das nur der Auftakt zu einer Reihe seltsamer Vorkommnisse. Die Fremde, die sich als Schwedin namens Gunhild vorstellt, weiß nicht, was mit ihr geschehen ist, möchte aber unbedingt mit Thór sprechen. Ein Anruf in Schweden macht die Verwirrung perfekt. Denn dort meldet sich eine Gunhild, die vor 20 Jahren im Hotel von Vík gearbeitet hat und nun kurzerhand nach Island aufbricht. Einmal angekommen, muss sie feststellen, dass die aufgegriffene Frau ihr jüngeres Ebenbild sein könnte. Ähnlich Unglaubliches erlebt auch Gríma, die plötzlich ihrer Schwester gegenübersteht. Ása ist ebenfalls komplett in Asche gehüllt und kann nicht erklären, wo sie die ganze Zeit gewesen ist. Der Vulkanologe Darri, den ungewöhnliche Gletscherproben zur Katla treiben, staunt nur wenig später über eine nicht minder erschütternde Überraschung.


Was den Reiz der Serie „Katla“ ausmacht:


Nordische Mystery-Geschichten scheinen bei den Netflix-Verantwortlichen hoch im Kurs zu stehen. Erst Anfang 2021 veröffentlichte der Streaming-Dienst die dänische Serie „Equinox“, deren Protagonistin, genauso wie Gríma, das Verschwinden ihrer Schwester plagt und daher auf Spurensuche geht. „Katla“ befindet sich in guter Gesellschaft und schafft es sogar, zumindest in den für diese Kritik gesichteten Episoden eins bis vier, noch etwas besser, ein bedrückendes und rätselhaftes Klima zu erzeugen. Die erste isländische Netflix-Produktion profitiert freilich in besonderem Maße von ihrer fast unwirklichen, eindrucksvollen und zugleich einschüchternden Kulisse. Regelmäßig schauen wir aus der Luft auf die schroffen Landschaftsformationen, über denen ständig dichte Wolken hängen. Und bedrohlich steigt der Rauch aus dem weiterhin aktiven Vulkan empor. Die Gegend rund um die Katla ist in der Serie ein beinahe menschenleeres Sperrgebiet und erscheint wie das Setting eines Endzeithorrorstreifens. Dieser Eindruck drängt sich nicht zuletzt deshalb auf, weil den Bildern fast jegliche Farbe entzogen wurde. Den Aschestaub, der vieles überlagert und gegen den sich einige Anwesende mit Atemmasken schützen, meint man, regelrecht schmecken zu können.

Atmosphärisch bedienen der vielfach kinoerprobte Kormákur und seine Mitstreiter*innen die richtigen Knöpfe. Erfreulicherweise gilt dies auch für die Handlungsebene und das überschaubare Figurenensemble. Die Idee zurückkehrender totgeglaubter Menschen kam zwar schon in der französischen Serie „The Returned“ wunderbar abgründig zum Einsatz. „Katla“ fühlt sich allerdings nicht wie ein billiger Abklatsch an, sondern gibt nach und nach eine eigenständige, mit dunklen Familiengeheimnissen, Schuldkomplexen und Trauerelementen gespickte Erzählung preis. Spannung wird nicht über Schockeffekte kreiert, sondern entsteht aus dem Umgang der Protagonist*innen mit den aschebedeckten Gestalten. Ist Gríma anfangs erfreut, ihre Schwester wiederzusehen, lässt Ásas nebulöses Schicksal in ihr zunehmend Zweifel aufsteigen. Unbehagen und Irritationen rufen die wie aus dem Nichts auftauchenden „Besucher*innen“ hervor, da mit ihnen Verdrängtes, Dinge, die eigentlich längst begraben schienen, auf einmal hervorzubrechen drohen. Schmerzhafte und interessante Hintergründe erhalten übrigens nicht nur die im Mittelpunkt stehenden Charaktere. Auch bei einigen Nebenfiguren wie dem gläubigen Polizisten Gísli, der seine schwer kranke Ehefrau mit einer merkwürdigen Hingabe umsorgt, blitzen interessante und tragische Backstorys auf. In den verbleibenden Folgen warten hier und in anderen Fällen womöglich noch ein paar ungemütliche Enthüllungen.

Christopher Diekhaus

Weitere Angaben

Filmtyp: Farbe

Streaming-Anbieter

Angaben beruhen auf Informationen zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (24. Woche 2021).