Die Verführten

Prädikat besonders wertvoll
Länge:
89 Minuten (Blu-ray: 93 Minuten)
Altersempfehlung:
Ab 14 Jahren
FSK-Freigabe:
Ab 12 Jahren
Kinostart:
29.06.2017
Regie:
Sofia Coppola
Darsteller:
Colin Farrell (John McBurney), Nicole Kidman (Martha Farnsworth), Kirsten Dunst (Edwina Dabney), Elle Fanning (Alicia), Oona Laurence (Amy)
Genre:
Drama , Thriller
Land:
USA, 2017

Virginia, 1864: Drei Jahre nach Ausbruch des Bürgerkriegs findet die kleine Amy beim Pilzesammeln den schwer verwundeten Soldaten John McBurney, der sie um Hilfe bittet. Nach kurzem Zögern bringt sie den völlig entkräfteten Mann in das nahegelegene Mädcheninternat, in dem neben ihr die Leiterin Martha Farnsworth, die Lehrerin Edwina Dabney und vier weitere Schülerinnen leben. Da es sich bei dem Verletzten um einen feindlichen Nordstaatler handelt, will Martha ihn umgehend an die heimische Truppe ausliefern. Doch dann entschließt sie sich, fürs Erste McBurneys Wunden zu versorgen und ihm etwas Zeit zu geben, um wieder zu Kräften zu gelangen. Die unverhoffte Anwesenheit eines Mannes bringt den ritualisierten Alltag innerhalb der Schule zusehends durcheinander und weckt bei einigen Bewohnerinnen, etwa der frühreifen Alicia, sexuelle Interessen. In den Bann des unerwünschten Hausgastes geraten auch die grazile Martha und ihre Untergebene Edwina, die das Einsiedlerdasein nur noch schwer ertragen kann.

Ähnlich wie im kürzlich gestarteten Drama „Innen Leben“ blendet „Die Verführten“ das eigentliche Kriegstreiben weitestgehend aus. Dass in der Nähe der alten Südstaatenvilla, dem zentralen Schauplatz des Films, blutige Auseinandersetzungen toben, lässt sich nur am gelegentlich ertönenden Donnern der Kanonen und an Rauchschwaden festmachen, die bedrohlich in den Himmel steigen. Die Perspektive ist verengt auf die verwitterte Schule und ihre direkte Umgebung. Ein Gesamtüberblick wird dem Zuschauer verwehrt. Stattdessen dominieren schummrig ausgeleuchtete Innenaufnahmen und Außenansichten, die stets nur einen Teil des Gebäudes zeigen, da beispielsweise Äste ins Bild hineinragen. Gekonnt erzeugt Sofia Coppola (The Bling Ring, Somewhere, Marie Antoinette), die in Cannes für ihre neue Arbeit den Regiepreis entgegennehmen durfte, mit optischen Mitteln ein beklemmendes Gefühl und führt uns das zwiespältige Empfinden der Protagonistinnen vor Augen. Während um sie herum Grauen und Tod regieren, ist das abgelegene Mädchenpensionat ein Zufluchtsort, der gleichzeitig wie ein Gefängnis erscheint.

McBurneys Ankunft bringt, obwohl mit ihr Gefahr verbunden ist, Abwechslung in das eintönige, durchstrukturierte Lern- und Arbeitsleben und lädt die keusche Atmosphäre langsam mit erotischen Spannungen auf. Erwähnen muss man spätestens an dieser Stelle, dass „Die Verführten“ auf einem Roman von Thomas P. Cullinan basiert, der bereits 1971 von Actionspezialist Don Siegel mit Clint Eastwood verfilmt wurde. Ein düsterer, hierzulande unter dem Titel „Betrogen“ bekannter Genre-Mix, der damals an den Kinokassen unterging und den viele Beobachter nun, im Zuge der Neuinterpretation, allzu leichtfertig als einseitige Macho-Parabel beschreiben. Schaut man genauer hin, erweist sich das sträflich unterschätzte Siegel-Werk als ambivalentes Thriller-Drama, das den Krieg verteufelt und ein wenig schmeichelhaftes Männerbild entwirft. Als wären diese Qualitäten nicht vorhanden, loben viele Kritiker geradezu überschwänglich die weibliche Sicht, die Coppola nach eigenem Bekunden dem Stoff durch ihre Adaption verpasst hat.

Anders als „Betrogen“ zeichnet „Die Verführten“ den verwundeten Soldaten nicht als skrupellosen Manipulator, sondern als einen höflichen, lange Zeit zurückhaltenden Mann, der die Umschwärmung genießt, allerdings nicht sofort für seine Zwecke ausnutzt. Coppola setzt auf eine schleichende Beunruhigung und fängt mit einem guten Auge für widersprüchliche Blicke und Gesten die Zerrissenheit ihrer Figuren ein. Sehr schön zu sehen etwa dann, wenn die von Nicole Kidman souverän gespielte Martha beim Verarzten und Berühren des Soldaten kurz ins Stocken kommt. Hinter der beherrschten Fassade der Internatsleiterin brodeln Leidenschaften, die sie sich nur ungern eingestehen will. Vieles in der neuen Variante köchelt vor sich hin, wohingegen Siegel Konflikte deutlicher umreißt und zuspitzt. Weniger abrupt wirkt in „Betrogen“ daher auch der Augenblick, in dem die sexuell aufgeheizte Stimmung innerhalb des Anwesens ins Bedrohliche kippt.

Coppolas Version ist gut gespielt, elegant bebildert, schön ausgestattet, atmosphärisch inszeniert und im letzten Drittel nervenzerrend, muss sich aber dennoch zwei Vorwürfe gefallen lassen: Zum einen ist es schade, dass die Regisseurin den Frauen keine oder bloß flüchtige Hintergrundgeschichten gibt. Und zum anderen bleibt es etwas rätselhaft, warum sie die im Roman und in der Erstverfilmung auftauchende Sklavin aus der Handlung gestrichen hat. Eine bedauerliche Entscheidung, da „Betrogen“ über eben diese Figur spannende Fragen zum Klassen- und Rassenverhältnis aufwirft.

DVD Extras: Featurettes

Blu-ray Extras: Featurettes

Kinotipp

Weitere Angaben

Filmtyp: Farbe

Sprachen: Deutsch / Englisch / Spanisch

Untertitel: Deutsch / Englisch / Spanisch / Türkisch / Arabisch / Dänisch / Finnisch / Hindi

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Anbieterangaben beruhen auf Informationen zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (44. Woche 2017).