Black and Blue

Als die Kriegsveteranin Alicia West in ihre Heimatstadt New Orleans zurückkehrt und dort in den Polizeidienst eintritt, merkt sie schnell, dass sich seit ihrem Weggang vieles verändert hat. Die Nachwehen des verheerenden Hurrikans Katrina sind überall zu sehen. Ganze Straßenzüge wirken wie ausgestorben. Und in ihrem alten Viertel wollen die Menschen mit der jungen schwarzen Frau nichts mehr zu tun haben, da sie nun eine Uniform trägt und in den Augen der Bewohner damit auf der anderen Seite steht. Ihr anfänglicher Idealismus löst sich spätestens während einer Schicht in Luft auf, die sie von ihrem Kollegen Kevin übernimmt. Alicia beobachtet nicht nur, wie korrupte Cops um den skrupellosen Terry Malone einige wehrlose Dealer erschießen, sondern fängt das Verbrechen auch noch mit ihrer Body-Cam ein. Nach einem Sturz kann die Polizeianfängerin zwar verletzt fliehen, findet sich aber schon bald zwischen allen Fronten wieder. Während Malone und seine Kumpanen verhindern wollen, dass die unliebsame Zeugin die Videoaufnahmen ins Revier bringen kann, sinnt der lokale Drogenboss, der Alicia für die Mörderin seiner Vertrauten hält, auf Rache. Unterstützung bekommt die Ex-Soldatin einzig von Supermarktmitarbeiter Mouse, einem Bekannten aus Jugendtagen.

„Black and Blue“ beginnt mit einer beunruhigenden Szene, in der die joggende Protagonistin allein aufgrund ihrer Hautfarbe von zwei weißen Kollegen angehalten und rüde behandelt wird. Erst als sich herausstellt, dass auch sie ein Cop ist, lassen die beiden Beamten von ihr ab. Regisseur Deon Taylor (Supremacy) und Drehbuchautor Peter A. Dowling (Reasonable Doubt) greifen mit diesem Einstieg das in den USA nach wie vor hochaktuelle Thema des im System verankerten, alltäglichen Rassismus auf. Im weiteren Verlauf kommen die Auswüchse der Diskriminierung von Afroamerikanern und die Polizeiwillkür zwar wiederholt zum Vorschein. Ernsthaft vertiefen wollen die Macher diese Probleme jedoch nicht. Statt genauer hinzuschauen, begnügen sie sich mit kleinen Einwürfen und legen den Hauptfokus auf ein konventionell gestricktes Katz-und-Maus-Spiel, das dem Zuschauer in einigen Momenten eine ordentliche Portion Wohlwollen abverlangt. Auch wenn die Handlungen der Figuren manchmal wenig plausibel, um nicht zu sagen dämlich, sind, entwickelt die halsbrecherische Flucht ausreichend Dynamik und Spannung, um mit der von unterschiedlichen Parteien gejagten Alicia mitzufiebern. Die Actionszenen fallen effektiv aus. Und zudem verleiht Naomie Harris (Verborgene Schönheit, Moonlight, James Bond 007: Spectre) ihrer Figur die nötige Entschlossenheit und Ausdruckskraft. Besonders hervorstechen kann „Black and Blue“ aus dem Subgenre des Cop-Thrillers deshalb aber nicht.

Christopher Diekhaus