Tote Mädchen lügen nicht – 2

Serienstart:
18.05.2018
Staffel:
2
Folgen:
13
Länge der Folgen:
55-71 Minuten
Altersempfehlung:
Ab 16 Jahren
FSK-Freigabe:
Ab 16 Jahren
Regie:
Greg Araki, Karen Moncrieff, Eliza Hittman, Michael Morris, Felischa Marye, Kat Candler, Jessica Yu
Darsteller:
Dylan Minnette (Clay Jensen), Katherine Langford (Hannah Baker), Christian Navarro (Tony Padilla), Brandon Flynn (Justin Foley), Alisha Boe (Jessica Davis), Justin Prentice (Bryce Walker), Miles Heizer (Alex Standall), Ross Butler (Zach Dempsey) u.a.
Genre:
Drama , Jugend
Land:
Großbritannien, 2018

Bei der zweiten Staffel von „Tote Mädchen lügen nicht“ zeigt sich, dass man nicht immer dem Gesetz der Serie folgen sollte. Denn es wäre deutlich stimmiger gewesen, es bei einer Miniserie zu belassen. Doch jetzt zeigt sich von Episode zu Episode mehr und mehr, dass nichts auserzählt wird – alles muss im „besten“ Fall endlos weiterlaufen, solange der Erfolg dem Produkt recht gibt.

Die routinierte Regie und die auf immer neue Enthüllungen ausgelegten Drehbücher treiben auch in Staffel 2 die Folgen voran, die - wie schon in Staffel 1 - oft etwas zu lang sind (es gilt im übertragenen Sinne weiterhin Alex' Ausruf an Clay, warum er denn die Kassetten nicht schneller hören würde). Manche Figuren bekommen mehr Profil (beispielsweise Zach), andere verabschieden sich fast komplett aus der Handlung (Courtney), andere treten auf der Stelle (Clay bleibt ein Monolith). Hannah tritt als Geist auf und es wird versucht, den subjektiven Standpunkt ihrer Kassetten mit Hilfe von weiterführenden Informationen aus den Erinnerungen anderer Figuren beizubehalten. Dies führt dann zu so unglücklichen Auswüchsen wie der Info, dass Hannah einst Teil einer ihrerseits mobbenden Mädchengruppe war, die die Serie aber nicht zeigt, obwohl sonst gern Vieles ausschweifend mit Rückblenden „belegt“ wird. Als wolle man das Bild, das ihre Freunde von der Liberty High von ihr zeichnen, nicht zerstören. Damit nimmt sich die Serie aber auch die Möglichkeit, gerade Hannah neue Facetten hinzuzufügen. So bleibt sie weiterhin das „hübsche, tote Mädchen“ ohne wirkliche Ecken und Kanten.

Überhaupt ist Hannahs Selbstmord, um den es ursprünglich einmal ging, kaum noch ein Thema im eigentlichen Sinne sondern hauptsächlich Stichwortgeber. Einerseits möchte die Serie etwas über die Gefühlswelt der Hinterbliebenen erzählen, was löblich ist. Andererseits zielt sie aber darauf ab, den Plot so thriller-mäßig wie möglich zu inszenieren. Und wenn sich die Serie dann mal Zeit für Trauer und Schmerz nimmt, dann sind diese Emotionen leider häufig Anlass zu einer möglichst effektvollen Darbietung oder für einen „Oh mein Gott“-Moment. Trotz seiner Thematik bleibt die zweite Staffel deshalb auf seltsame Art flach – ärgerlich! Unsicherheiten werden zwar gut wiedergegeben, der Zuschauer aber damit allein gelassen bzw. bietet die Serie nur Lösungen im Sinne des Thrillers an. Sprich: Natürlich ist alles aufregend und natürlich möchte am Ende jemand Amok laufen.

Schon der ersten Staffel wurde vorgeworfen, sie würde das Thema Suizid letztlich zu unsensibel handhaben. Was allerdings jetzt aufgetischt wird, ist noch mehr High School-Thriller und am Ende des Tages geht es vor allem um eine effekthascherische Inszenierung, die sich von Cliffhanger zu Cliffhanger bewegt. Das ist für sich genommen durchaus spannend zu verfolgen, aber die Hinweise, bei persönlichen Problemen doch bitte Hilfe aufzusuchen, wirken dadurch ziemlich halbherzig.

Die an wirklichen Highlights arme zweite Staffel (die besten Momente sind dann auch noch humoristische Ausflüge wie das Gespräch zwischen Jessica und ihrem Vater oder die wohl eine Art Mini-Katharsis darstellende Massenprügelei) ist kompetent gemacht, wenn auch gestalterisch nicht so sauber wie Staffel 1 mit ihren verschiedenen Farbschemata. Die Schauspieler sind engagiert und als Unterhaltung funktioniert das Ganze ziemlich passabel, dennoch bleibt ein schaler Beigeschmack.

Mehr zur Diskussion um „Tote Mädchen lügen nicht“, erfahrt ihr in unserem Blog.


HINWEIS


„Diese Serie enthält Szenen, die Zuschauer als verstörend empfinden könnten, darunter explizite Darstellungen von sexueller Nötigung, Drogenmissbrauch und Selbstmord.“ lautet der Warnhinweis, der bei Netflix eingeblendet wird. Eine Reaktion auf den zum Teil heftigen Gegenwind, der „Tote Mädchen lügen nicht“, vor allem aufgrund der filmischen Bearbeitung des Suizid-Themas, entgegenwehte. Ärzte, Psychologen, Pädagogen und Gesundheitsorganisationen in aller Welt äußern große Befürchtungen, dass sich Hannahs Entscheidung zum Vorbild genommen werden könnte.

Wenn du unter Stimmungsschwankungen, Depressionen oder Selbstmordgedanken leidest oder jemanden kennst, der daran leidet, kannst du dir bei der Telefonseelsorge helfen lassen: Telefonisch erreichst du sie unter 0800/111-0-111 und 0800/111-0-222 oder im Internet auf www.telefonseelsorge.de. Anrufen kannst du auch bei „der Nummer gegen Kummer“ (11 6 111). Die Beratung ist anonym und kostenfrei.

Jan Noyer

Weitere Angaben

Filmtyp: Farbe

Streaming-Anbieter

Angaben beruhen auf Informationen zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (20. Woche 2018).