Suicide Tourist - Es gibt kein Entkommen

Länge:
90 Minuten
Altersempfehlung:
Ab 16 Jahren
FSK-Freigabe:
Ab 12 Jahren
Kinostart:
02.07.2020
Regie:
Jonas Alexander Arnby
Darsteller:
Nikolaj Coster-Waldau (Max), Tuva Novotny (Lærke), Robert Aramayo (Ari), Jan Bijvoet (Frank), Johanna Wokalek (Linda)
Genre:
Drama
Land:
Dänemark, Norwegen, Deutschland, Schweden, Frankreich, 2019

Wie weit soll und darf die im Grundgesetz verankerte Selbstbestimmung des Menschen gehen? Diese komplizierte Frage steht im Mittelpunkt der nach wie vor kontrovers geführten Debatte um das Thema Sterbehilfe, das auch in Jonas Alexander Arnbys zweiter abendfüllender Regiearbeit eine prominente Rolle spielt. Beleuchtet wird hier die Ausprägung des assistierten Suizids, mit der sich die unheilbar kranke Hauptfigur konfrontiert sieht.

Als der Versicherungsmakler Max erfährt, dass er an einem inoperablen Hirntumor leidet, der seine Persönlichkeit rasant verändern wird, bricht für ihn eine Welt zusammen. Seiner Partnerin Lærke will er eigentlich von der schrecklichen Diagnose berichten. Doch jedes Mal kommt irgendetwas dazwischen. Ähnlich erfolglos sind seine aus der Verzweiflung geborenen Versuche, sich umzubringen. Immer wieder wird Max im letzten Moment abgelenkt. Als sich ausgerechnet in dieser vertrackten Lage eine frühere Kundin an ihn wendet, deren Mann verschwunden ist, wird der Versicherungsagent auf ein exklusives Hotel namens Aurora aufmerksam, in dem sich lebensmüde Menschen in den Tod begleiten lassen können. Einmal eingecheckt, gibt es, wie Max erschrocken feststellen muss, keine Möglichkeit mehr zur Umkehr.

Schon in seinem Langfilmdebüt When Animals Dream verknüpfte der Däne Jonas Alexander Arnby verschiedene Genreansätze – Coming-of-Age-Befindlichkeiten, Märchen und Horror – zu einem eher unkonventionellen Filmerlebnis. Vergleichbares nimmt er sich auch in „Suicide Tourist – Es gibt kein Entkommen“ vor. Der griffige deutsche Untertitel legt einen handfesten Thriller-Stoff nahe. Tatsächlich handelt es sich allerdings um einen eigenwilligen, an die Werke eines David Lynch erinnernden Mix aus Drama und Mystery-Streifen, der eine seltsam beklemmende, mitunter sogar bedrohliche Atmosphäre erzeugt. Verantwortlich dafür sind nicht nur die farblosen Bilder und die Niedergeschlagenheit, die dem von Nikolaj Coster-Waldau (Zweite Chance, Die Schadenfreundinnen, Oblivion) zurückhaltend verkörperten Protagonisten ins Gesicht geschrieben steht. Auch der bewusst verrätselte, mit Zeitsprüngen operierende Handlungsaufbau und das unwirklich erscheinende, mitten in der norwegischen Wildnis liegende Luxushotel aus Glas und Stein lassen das Unbehagen langsam anwachsen. Gleichzeitig flößen Arnby und Drehbuchautor Rasmus Birch ihrer Geschichte über einen innerlich zerrissenen Mann, dem die Krankheit den Boden unter den Füßen wegzieht, mehrfach Szenen von absurder Komik ein. Diese Momente kann man angesichts der ernsten Thematik durchaus kritisch sehen. Allerdings sind es gerade die Provokationen und Irritationen dieses nicht ganz runden Films, die den Zuschauer bewegen, seine eigene Haltung zum selbstbestimmten Sterben zu hinterfragen. Antworten liefert Max' zunehmend surreale Reise keine. Stoff zum Diskutieren gibt es nach dem leider ein wenig übereilten Schlussdrittel aber allemal.

Christopher Diekhaus