Nur Gott kann mich richten

Länge:
97 Minuten (Blu-ray: 101 Minuten)
Altersempfehlung:
Ab 16 Jahren
FSK-Freigabe:
Ab 16 Jahren
Regie:
Özgür Yildirim
Darsteller:
Moritz Bleibtreu (Ricky), Birgit Minichmayr (Diana), Edin Hasanić (Rafael), Kida Khodr Ramadan (Latif)
Genre:
Gangsterfilm , Großstadtfilm
Land:
Deutschland, 2018

„Nur Gott kann mich richten“ – ist dieser Titel nicht arg dick aufgetragen? Genau das hat Moritz Bleibtreu auch gedacht, als der Regisseur und Drehbuch-Autor Özgür Yıldırım ihm sein neues Skript vorgelegt hat. Jener Tupac-Song aus den 90ern, „Only God Can Judge Me“, und einige deutsche Rapper, die ihn bereits ins Deutsche übertragen haben, ist so viel Wiedererkennungswert nicht Ballast und passt auch gar nicht zur Handlung? Denn um Gott und Glaube geht's in dem Gangsterfilm wenig. Doch als Bleibtreu und Yıldırım weitere Leute zu dem Projekt mit ins Boot holten, zeigte sich: Der Titel kommt gut an, wird als Marke und Metapher verstanden, und passt damit perfekt zu einem Film, der „nach Straße riechen und schmecken“ sollte, so Bleibtreu. Der Schauspieler hat schließlich nicht nur die Hauptrolle übernommen – sondern war sogar als Produzent mit an Bord. Worum geht's?

Es beginnt mit einer Rückblende: Ein Raubüberfall, der katastrophal schiefläuft. Drei maskierte Gangster haben sich vorgenommen, einem Russen eine Tasche zu klauen, in dessen Autowerkstatt. Es endet in einem Blutbad. Einer der Gangster (Kida Khodr Ramadan) kann fliehen, ein anderer (Edin Hasanovic) ist schwerverletzt und der Dritte im Bunde (Moritz Bleibtreu) landet im Knast. Sein Name ist Ricky – und als Ricky 5 Jahre später wieder freikommt, will er ein rechtschaffenes Leben führen. Doch dazu braucht er ein bisschen „Startkapital“ und landet prompt wieder bei einem, natürlich seinem „letzten“, Job in der Frankfurter Drogenszene. Dabei kreuzt sich sein Weg mit dem einer Polizistin (Birgit Minichmayr), die ihrerseits Geldnot hat …

Der Raubüberfall setzt mit seinem spannenden Aufbau, der rauen Gewalt und den packenden Wendungen schon absolut den Ton für den folgenden Film: Wenn der Titel eingeblendet wird, wissen die Zuschauer bereits, woran sie sind. Özgür Yıldırım knüpft an den Erfolg seines Spielfilmdebüts Chiko (2008) an und erzählt endlich wieder einen rasanten Gangster-Thriller mit Bleibtreu als Bad-Ass. Yıldırıms Stamm-Kameramann Matthias Bolliger (mit dem er zurzeit auch an der zweiten Staffel „4 Blocks“ arbeitet) fängt Hamburgs urbane Schauplätze in stimmungsvollen Bildern ein, kontrastreich wie die Handlung selbst. Der Produktionsaufwand lässt das mit 3 Millionen Euro vergleichsweise gering budgetierte Werk auf Augenhöhe spielen mit amerikanischen Vorbildern wie „Heat“. Das Gangster-Spektakel sieht also richtig gut aus und bedient durch Einsatz aller Genre-Versatzstücke voll die Zielgruppe, mehr noch – die Fans des deutschen Gangsta-Rap kommen auch auf ihre Kosten durch den deftigen Soundtrack von Xatar und SSIO, die beide in einen Gastauftritt haben und harte Töne zwischen die eh schon deftigen Dialoge schieben.

Doch Yıldırım bietet noch mehr. In „Chiko“ wie in Blutzbrüdaz gab es Frauen nur in ihren Funktionen als Mutter, Ehefrau, love interest, nur da, um den Herren zu gefallen oder das Leben schwer zu machen, aber ohne eigenen Hintergrund. Kleine, flache Nebenrollen in männlichen Heldenreisen. Mit der Gangster-Freundin Elena (Franziska Wulf) gibt es in „Nur Gott kann mich richten“ eine Table-Dancerin, die tagsüber als Ballett-Lehrerin für Kinder arbeitet und von einem ganz bürgerlichen Leben träumt, vielleicht mit eigener Tanzschule – zwar immer noch eine Randfigur, aber deutlich vielschichtiger als etwa einst Chikos Freundin. Und dann ist da noch jene Polizistin, gespielt von Birgit Minichmayr: alleinerziehend, arabisch-sprechend, aufs-Ganze-gehend, wenn das Leben ihrer Tochter in Gefahr ist. Mit dieser Figur stellt Yıldırım Bleibtreus Ricky eine Kraft gegenüber, die bewusst mit den Gender-Klischees bricht und frischen Wind ins testosteron-getränkte Genre bringt.

„Nur Gott kann mich richten“ gelingt es, einen temporeichen Thriller mit eben so viel Tiefgang zu erzählen, wie das Genre verträgt – ohne, dass auch nur eine Minute die Spannung bricht.

DVD Extras: Entfallene Szenen, Musikvideo, Trailer

Blu-ray Extras: Entfallene Szenen, Musikvideo, Trailer, B-Roll, Interviews, Audiokommentar

Weitere Angaben

Filmtyp: Farbe

Sprachen: Deutsch, Dt. f. Sehg.

Untertitel: Englisch, Türkisch, Dt. f. Hörg.

Streaming-Anbieter

Angaben beruhen auf Informationen zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (35. Woche 2018).