Neues aus der Welt

Länge:
119 Minuten
Altersempfehlung:
Ab 14 Jahren
FSK-Freigabe:
Ab 12 Jahren
Regie:
Paul Greengrass
Darsteller:
Tom Hanks (Captain Kidd), Helena Zengel (Johanna Leonberger), Elizabeth Marvel (Ella Gannett), Michael Angelo Covino (Almay), Thomas Francis Murphy (Mr. Farley)
Genre:
Western , Drama , Literaturverfilmung
Land:
USA, 2020

Manchmal geht es im Filmgeschäft unglaublich schnell. Erst 2019 sorgte die deutsche Nachwuchsschauspielerin Helena Zengel im Berlinale-Beitrag „Systemsprenger“ für allerhand Furore. Und knapp zwei Jahre später ist sie auch schon an der Seite von Hollywood-Star Tom Hanks im Westerndrama „Neues aus der Welt“ zu sehen, das auf einem Roman der Schriftstellerin Paulette Jiles basiert. Ursprünglich sollte der von Paul Greengrass („Jason Bourne“, „Captain Phillips“, „Green Zone“) inszenierte Film in den deutschen Kinos laufen. Anders als in den USA, wo er Ende 2020 auf der großen Leinwand zu sehen war, erscheint er hierzulande nun aber „bloß“ im Portfolio von Netflix.

Angesiedelt ist die Handlung im Texas des Jahres 1870. Der von Ortschaft zu Ortschaft ziehende Bürgerkriegsveteran Captain Kidd verdient sein Geld damit, den geplagten, hart arbeitenden Menschen die neuesten und spannendsten Nachrichten vorzulesen. Als er nach einer Vorstellung weiterfährt, stößt er unterwegs auf eine umgestürzte Kutsche und ein verängstigtes Mädchen, das laut Begleitpapieren Johanna Leonberger heißt und einer deutschen Familie entstammt. Ihre Eltern, so geht aus dem Schreiben hervor, wurden von Kiowa-Mitgliedern umgebracht. Und im Anschluss wuchs die Waise im Kreis der indigenen Gemeinschaft auf. Nun soll sie allerdings zu ihrer Tante und ihrem Onkel kommen. Kurzerhand liest Kidd die Zehnjährige auf und will sie in der nächsten Stadt eigentlich nur den Behörden übergeben. Doch der Fall gestaltet sich schwieriger als gedacht. Von seinem Gewissen geleitet, nimmt sich der Ex-Soldat schließlich selbst der Sache an und bricht gegen den Willen Johannas mit ihr zu einer waghalsigen Reise quer durch Texas auf.

Dass man von Helena Zengel noch sehr viel hören und sehen wird, steht nach „Neues aus der Welt“ außer Frage. Hat es zunächst den Anschein, als solle die deutsche Jungdarstellerin lediglich ihr aus „Systemsprenger“ bekanntes Temperament entfesseln, zeigt sich schnell, dass auch andere Eigenschaften gefragt sind. Wie sie die Angst und die Schmerzen der entwurzelten Johanna trotz spärlicher, fast nur in Kiowa-Sprache dargebotener Dialoge greifbar macht, ist absolut bemerkenswert. Mit ihrem eindringlichen Mienenspiel und ihren wachen blauen Augen zieht sie die Zuschauer*innen rettungslos in ihren Bann. Zengel und Hanks, der gewohnt souverän in die von ihm abonnierte Rolle des aufrechten Jedermanns schlüpft, harmonieren bestens und mildern einige Drehbuchschwächen ab. Gleichwohl: Hätten Greengrass und Koautor Luke Davies dem Waisenmädchen, seinen Traumata und seiner unsicheren Identität etwas mehr Raum gegeben, wäre der Film bestimmt noch ein Stück intensiver ausgefallen. Deutlich ist von Anfang an, dass Kidd Dreh- und Angelpunkt der Erzählung ist. Ein Mann, den schreckliche Kriegserlebnisse plagen – was jedoch stets nur angerissen wird. Die meiste Zeit erscheint der Veteran wie ein vorbildhafter Held ohne aufregende Brüche. Die Fahrt durch die Wüste, von der „Neues aus der Welt“ handelt, verläuft in moderatem Tempo. Einige Begegnungen auf dem Weg treiben die Spannungsnadel allerdings nach oben. Immer mal wieder bekommen wir einen Eindruck von einem gespaltenen Land, in dem fünf Jahre nach dem Ende des Bürgerkriegs Wut, Hass und Armut für eine explosive Stimmungslage sorgen. Auch hier scheuen Greengrass und Davies aber davor zurück, zu tief in den Abgründen zu wühlen. Wichtiger ist ihnen dann doch die hoffnungsvolle Botschaft, auf die der mit eindrucksvollen, rauen Landschaftsbildern gespickte Western, wenig überraschend, zusteuert.

Christopher Diekhaus

Weitere Angaben

Filmtyp: Farbe

Streaming-Anbieter

Angaben beruhen auf Informationen zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (6. Woche 2021).