Monster! Monster?

Länge:
98 Minuten
Altersempfehlung:
Ab 16 Jahren
FSK-Freigabe:
Ab 16 Jahren
Regie:
Anthony Mandler
Darsteller:
Kelvin Harrison Jr. (Steve Harmon), Jennifer Ehle (Maureen O’Brien), Rakim Mayers alias ASAP Rocky (James King), Paul Ben-Victor (Anthony Petrocelli), Jennifer Hudson (Mrs. Harmon) u. a.
Genre:
Drama , Literaturverfilmung
Land:
USA, 2018

Bereits 2018 feierte „Monster! Monster?“, das Spielfilmdebüt des Musikvideoregisseurs Anthony Mandler, seine Premiere im Rahmen des Sundance Film Festivals, das traditionell unabhängigen amerikanischen und internationalen Produktionen eine große Bühne bietet. Über den Streaming-Dienst Netflix kommt nun, geschlagene drei Jahre später, eine breitere Öffentlichkeit in den Genuss der Adaption eines Young-Adult-Romans von US-Schriftsteller Walter Dean Myers, die sich mit dem leider noch immer hochaktuellen Thema des im System steckenden Rassismus befasst.

Der 17-jährige Steve Harmon kommt aus einem sorgenfreien Umfeld und widmet fast jede freie Minute seiner großen Filmleidenschaft: Wohin er auch geht – seine Kamera hat er stets griffbereit. Und sein Blick prüft immer wieder die Lichtverhältnisse. Als der junge Mann eines Tages beschuldigt wird, an einem Überfall mit Todesfolge beteiligt gewesen zu sein, bricht für ihn, aber auch für seine Eltern eine Welt zusammen. Die Pflichtverteidigerin Maureen O'Brien bereitet Steve auf den anstehenden Prozess vor, bei dem er sich von Anfang an mit schrecklichen Vorurteilen herumschlagen muss. Weil er schwarz ist, sehen viele Beobachter in ihm automatisch einen Verbrecher. Staatsanwalt Anthony Petrocelli bezeichnet ihn und den Mitangeklagten James King gleich zum Auftakt als Monster und setzt alles daran, die Geschworenen von dieser Zuschreibung zu überzeugen.

Im Mittelpunkt der Romanverfilmung steht ein Jugendlicher, der sich an einem dramatischen Scheideweg seines Lebens befindet. Sein Traum vom Studium an einer Filmhochschule droht an der ihm zur Last gelegten Tat jäh zu zerplatzen. Dass ihm der raue Gefängnisalltag und die düsteren Aussichten zusetzen, wird schon in den ersten Minuten deutlich. Trotzdem will Steve für sich und seine Zukunft kämpfen und vergleicht seine Erfahrungen mit einem Film, über den er selbst die Kontrolle behalten müsse. Seine Begeisterung für das Geschichtenerzählen und die bewegten Bilder schlägt sich, ähnlich wie in der Buchvorlage, ganz konkret in "Monster! Monster?" nieder. Regelmäßig leiten seine Voice-over-Erklärungen Szenen so ein, wie man sie in einem Drehbuch beschreiben würde („Innen – Warteraum – Tag: Steve Harmon sitzt gegenüber von seiner Pflichtverteidigerin“). Nicht zufällig erhalten wir Einblicke in die Filmklasse, die der Protagonist in der Highschool besucht. Eben dort wird über das japanische Meisterwerk „Rashomon – Das Lustwäldchen“ diskutiert, das davon handelt, wie stark subjektiv geprägt Wahrnehmung und Erinnerung sind. Eine Erkenntnis, die auch in Steves Prozess zum Tragen kommt.

Die filmischen Bezüge und Spielereien verleihen dem Drama eine Doppelbödigkeit, wirken manchmal aber auch einfach nur störend. Auf das eher bequeme Stilmittel des übergeordneten Erzählerkommentars hätte man etwa in einigen Momenten gut und gerne verzichten können. Allein deshalb, weil Hauptdarsteller Kelvin Harrison Jr. („Waves“, „Assassination Nation“, „It Comes at Night“) in seine fein ausbalancierte Darbietung genügend Ausdruckskraft hineinlegt. Durch die permanenten Sprünge zwischen Rückblenden, die in wärmeres Licht getaucht sind, und eher kühler gehaltenen Aufnahmen aus der Gegenwart entwickelt „Monster! Monster?“ eine ansprechende Dynamik. Steves bedrückende Perspektive wird in den graustichigen Prozesspassagen auf visuell prägnante Weise eingefangen. Ganz bewusst ist hier der Blick der Kamera stark verengt. Regisseur Anthony Mandler und der für den Schnitt verantwortliche Joe Klotz steigern während der Gerichtsverhandlung wiederholt die Intensität, indem sie unterschiedliche Befragungen oder Plädoyers in rasanten, pointierten Montagen zusammenfassen. Die rassistischen Denkmuster in der amerikanischen Gesellschaft und im amerikanischen Justizapparat zerrt der Film durch kleine entlarvende Beobachtungen ans Tageslicht. So wird Steve zum Beispiel aufgrund seiner Hautfarbe unterstellt, Mitglied in einer kriminellen Gang zu sein. Auch wenn „Monster! Monster?“ sicherlich nicht alles richtig macht, hallt die Geschichte nach. Nicht zuletzt dank eines ambivalenten Endes, das eine spannende Frage an die Zuschauer*innen weiterreicht.

Christopher Diekhaus

Weitere Angaben

Filmtyp: Farbe

Streaming-Anbieter

Angaben beruhen auf Informationen zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (18. Woche 2021).