Mad Love in New York

Länge:
93 Minuten (Blu-ray: 97 Minuten)
Altersempfehlung:
Ab 16 Jahren
FSK-Freigabe:
Ab 16 Jahren
Regie:
Benny Safdie, Josh Safdie
Darsteller:
Arielle Holmes (Harley), Caleb Landry Jones (Ilya), Buddy Duress (Mike), Necro (Skully), Eleonore Hendricks (Erica) u. a.
Genre:
Drama , Biopic
Land:
USA, 2014

Energiegeladen, roh und Normen sprengend. Mit New-York-Filmen, die von gebrochenen Figuren erzählen, haben sich die im Big Apple geborenen Brüder und Independent-Regisseure Benny und Josh Safdie seit Mitte der 2000er Jahre einen Namen gemacht. Zuletzt erschien auf Netflix ihr Thrillerdrama „Der schwarze Diamant“ (2019), das den auf alberne Komödien abonnierten Adam Sandler in einer ungewohnt tragischen und anspruchsvollen Rolle zeigt. Davor inszenierten die Geschwister in „Good Time – Wettlauf gegen die Zeit“ (2017) Robert Pattinson als in die Enge getriebenen Kleinkriminellen, der nach einem Banküberfall seinen geistig behinderten Bruder aus dem Gefängnis befreien will. Die Arbeit „Mad Love in New York“, die wiederum drei Jahre früher entstand und hierzulande 2016 unter ihrem Originaltitel „Heaven Knows What“ einen kleinen Leinwandstart spendiert bekam, feiert nun ihre Premiere im Heimkino und konfrontiert die Zuschauer*innen mit einer bedrückenden wahren Geschichte aus dem New Yorker Obdachlosenmilieu.

Das Drama basiert auf den niedergeschriebenen, aber unveröffentlichten Erfahrungen von Arielle Holmes („American Honey“), die die Hauptrolle übernahm und eine leicht fiktionalisierte Version ihr selbst spielt. In ausgelassenen Momenten verbindet Harley, so heißt Holmes im Film, und ihren Freund Ilya eine große Zuneigung. Daran lassen die ersten Bilder, die das Paar beim Küssen und Schmusen zeigen, keine Zweifel. Schnell offenbart sich allerdings auch die dunkle, destruktive Seite ihrer Beziehung. Sobald die beiden heroinabhängigen Obdachlosen keinen Stoff mehr haben, sind zutiefst verletzende Beschimpfungen an der Tagesordnung. „Wenn du mich liebst, hättest du dich schon längst umgebracht!“ – Diesen grauenhaften Satz schleudert Ilya Harley schon nach wenigen Minuten entgegen und animiert sie so, sich ihre Pulsadern aufzuschlitzen. Die junge Frau landet daraufhin in der Psychiatrie und bandelt nach ihrer Entlassung mit dem Dealer Mike an, der sie gegen eine Mietbeteiligung in einer Wohnung unterbringt und regelmäßig mit Heroin versorgt. Je öfters sie jedoch Ilya über den Weg läuft, umso mehr glaubt sie, dass die beiden füreinander bestimmt sind.

„Mad Love in New York“ ist kein Film, der erklären oder werten will. Vielmehr werden wir unvermittelt in das Geschehen hineingeworfen und erhalten fortan kurze, schlaglichtartige Einblicke in den von Suchtproblemen und ziellosem Umherstreifen bestimmten Alltag der Protagonistin. Wer eine Geschichte mit einem fein säuberlich ausgearbeiteten Entwicklungsbogen und einem Happy End sucht, dürfte frustriert sein, da sich die Safdie-Brüder mit ihrem ungeschönten, fast dokumentarischen Stil ganz bewusst von klassischen dramaturgischen Regeln abwenden. Das pure Erleben ist hier oberstes Prinzip. Unruhe erzeugt nicht nur die pulsierende Musikuntermalung. Auch die agile Kamera, die den Figuren teilweise bedrohlich auf die Pelle rückt, vermittelt vielerorts ein Gefühl des Getriebenseins. In der Tradition rauer Milieustudien wie Martin Scorseses Frühwerk „Hexenkessel“ zeichnet sich „Mad Love in New York“ durch eine alles andere als postkartentaugliche Darstellung der Metropole am Hudson River aus. Zumeist halten sich Harley und ihre Leidensgenoss*innen an wenig einladenden Schauplätzen auf, die das touristische Auge eher nicht zu Gesicht bekommt. Keine Frage: Die zweite gemeinsame Spielfilmarbeit der Safdies geht dahin, wo es wehtut, möchte kein Unterhaltungsprodukt sein und hebt sich merklich von der thematisch verwandten, im Februar 2021 veröffentlichten Serie „Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“ ab, die ihre auf realen Begebenheiten beruhende Erzählung von einer Teenager-Clique im Drogensumpf in deutlich ästhetischere Bilder kleidet.

Christopher Diekhaus

Weitere Angaben

Filmtyp: Farbe

Streaming-Anbieter

Angaben beruhen auf Informationen zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (21. Woche 2021).