Guillermo del Toros Pinocchio
What? Der Name des nerdigen mexikanischen Regisseurs Guillermo del Toro, der sich mit seiner Vorliebe für Fantasymärchen wie „Pans Labyrinth‟ oder „Shape of Water‟ und Comicadaptionen wie „Hellboy‟ einen Namen gemacht hat, zusammen in einem Filmtitel mit dem Kinderbuch „Pinocchio‟? Wenn wir ehrlich sind, dann ist das doch allein schon ein Grund, sich diesen Film anzusehen, oder?
Darum geht es in „Guillermo del Toros Pinocchio“:
In diesem Pinocchio geht es (Typisch del Toro!) ziemlich düster und morbide zu. Ein Kind stirbt gleich zu Beginn. Beim Abwurf einer Bombe auf eine Kirche im Laufe des Ersten Weltkriegs kommt Carlo, der Sohn des Tischlers Gepetto, ums Leben. Von nun an macht der Vater sich schwere Vorwürfe und wünscht sich nichts mehr, als seinen Sohn wiederzubekommen. Weil Gott ihn aber nicht erhört, greift er eines nachts selbst erst zur Axt und dann zu Säge und Hammer. Aus der Kiefer, die am Grab von Carlo steht, zimmert er betrunken und verzweifelt eine Holzpuppe. Am nächsten Morgen kann er es kaum fassen: Die Holzpuppe lebt! Doch so schön wie erhofft ist es nicht. Sie quengelt, sie hat Freude daran, Dinge kaputt zu machen und im Dorf hält man sie für Teufelszeug. Kurzum: Sie ist gar nicht so wie Carlo. Eine Last sei die Puppe, sagt Gepetto einmal – woraufhin diese zutiefst enttäuscht ausreißt und sich einem dubiosen Zirkusdirektor anschließt.
Lohnt sich der Film von Guillermo del Toro für dich?
Gleich vorweg: Es lohnt sich. Denn für del Toro ist die Verfilmung des Kinderbuchklassikers keine Cash Cow, sondern ein echtes Herzensprojekt, für das er mehr als 15 Jahre lang gekämpft hat. Und seinen typischen Stil hat er zum Glück beibehalten. Es gibt zwar einige Szenen in diesem Film, die schon aus anderen „Pinocchio‟-Verfilmungen bekannt sind. Und doch ist die Geschichte bei del Toro ganz anders. Das liegt schon daran, dass die Puppe hier kein Mensch werden will. Sie will einfach nur so geliebt werden, wie sie ist. Doch in der Welt von Gepetto ist wenig Platz für Einzigartigkeit. In dieser geht es vielmehr darum, dass alle Lebewesen zu einer gehorsamen Masse werden. Denn hier kommt ein neuer Aspekt ins Spiel: Guillermo del Toros Pinocchio spielt zur Zeit des italienischen Faschismus. Und als ob eine schwierige Vater-Sohn-Beziehung (eigentlich gibt es davon sogar mehrere im Film) und zwei Weltkriege noch nicht reichen würden, erzählt der Film gleich auch noch über den Tod. Die „blaue Fee‟ aus dem Buch ist hier ein Waldgeist, ihre Schwester eine Totengöttin. So geht es wirklich um die ganz großen Fragen in diesem wunderbar dunklen Märchen, das, ganz nebenbei bemerkt, zugleich auch einer der faszinierendsten und schönsten Puppentrickfilme der Filmgeschichte geworden ist und in dem die Puppen geführt werden wie Schauspieler*innen aus Fleisch und Blut. Del Toro, der maßgeblich für die Richtung der Geschichte verantwortlich ist, und seinem Ko-Regisseur Mark Gustafson ist es tatsächlich gelungen, leblose Puppen zu beseelen. Der Zauber der Animation eben. Ganz großartig!
Stefan Stiletto
Weitere Angaben
Filmtyp: Farbe
Sprachen: Deutsch, Englisch u. a.
Untertitel: Deutsch, Englisch u. a.