Das Wunder von Marseille

Länge:
104 Minuten (Blu-ray: 108 Minuten)
Altersempfehlung:
Ab 12 Jahren
FSK-Freigabe:
Ab 12 Jahren
Regie:
Pierre-François Martin-Laval
Darsteller:
Assad Ahmed (Fahim), Gérard Depardieu (Sylvain), Mizanur Rahaman (Nura), Isabelle Nanty (Mathilde), Sarah Touffic Othman-Schmitt (Luna), Victor Herroux (Louis), Tiago Toubi (Max) u. a.
Genre:
Biopic , Drama
Land:
Frankreich, 2019

2008 hat Schach das Leben des jungen Fahim grundlegend verändert. Denn seine Begabung für das „Spiel der Könige“ hat ihm dabei geholfen, als politischer Flüchtling in Paris Fuß zu fassen. Seine bewegende Geschichte hat ihren Weg später zuerst in ein Buch gefunden und ist nun auch als „Das Wunder von Marseille“ auf der großen Leinwand zu sehen. Mit Pierre François Martin-Laval in der Regie und Gèrard Depardieu (Life of Pi: Schiffsbruch mit Tiger, Asterix & Obelix - Im Auftrag Ihrer Majestät) in der zweiten Hauptrolle als grummeliger Coach und Sparring-Partner des talentierten Jungdarstellers Assad Ahmed.

Weil es in Bangladesch nicht mehr sicher ist für ihn, flieht der achtjährige Fahim gemeinsam mit seinem Vater Nura nach Paris. Dort wollen sie ein neues Leben aufbauen, um mit etwas finanzieller Sicherheit im Rücken möglichst bald den Rest der Familie aus der krisengeplagten Heimat zu sich zu holen. Außerdem verspricht Nura seinem Sohn, dass er einen Großmeister im Schach kennenlernen wird – denn Fahim lebt für das Spiel der Könige und hat in Bangladesch bereits ganze Turniere für sich entschieden. Doch der Neustart in der westlichen Welt läuft eher holprig: Nachdem ihnen das Geld ausgeht und Nura keinen Job findet, landen sie in einem Flüchtlingsheim und es ist ungewiss, ob sie eine Aufenthaltsgenehmigung bekommen. Ähnlich sieht es mit Fahims ersten Besuchen in einem Schachclub aus, wo der stets missmutige und ruppige Trainer Sylvain den Jungen direkt wieder rausschmeißen will, nachdem es zu kleineren Reibereien kommt. Aber dann zeigt sich, dass der verbitterte Lehrmeister und das freche Ausnahmetalent trotz ihrer Unterschiede ein großartiges Team abgeben können, wenn sie sich nur zusammenreißen. Ein Team, das gute Chancen auf einen Sieg bei der französischen Schachmeisterschaft hat.

Am Anfang wirkt es etwas seltsam: Das eigentlich tragische Schicksal von Vater und Sohn in der Fremde bekommt in „Das Wunder von Marseille“ einen geradezu märchenhaften Beigeschmack. Noch in Bangladesch bewegt sich Fahim in einem von Verzicht und Konflikten geprägten Alltag – und doch wirken die gezeigten Bilder so absurd harmonisch. Auch nach der Flucht zeigt der Film trotz aller Querelen als Asylbewerber in einer von Bürokratie und Misstrauen geprägten Gesellschaft eine geradezu romantisch verzerrte Sicht auf die Wirklichkeit. Die Probleme werden zwar deutlich und auch die Gefahr der Abschiebung schiebt sich immer wieder ins Geschehen. Dabei fühlt es sich aber nie wirklich bedrohlich an, sondern vielmehr so, als bräuchten wir nur zu warten, um das glückliche Ende zu genießen. Das wirkt zunächst irgendwie falsch, weil es im Grunde die harte Lebenswirklichkeit von Millionen von Flüchtlingen verharmlost. Doch dann sollte man sich bewusst zu machen, dass es sich bei Fahims Lebensgeschichte um ein Ausnahmeschicksal handelt. Die Ereignisse beruhen auf wahren Begebenheiten und seine Erfahrungen gleichen in der Tat mehr einem Märchen, weil sie in der Realität nur ganz selten zu finden sind. Trotzdem ist es gut, wenn sie erzählt werden. Weil sie Hoffnung geben. Und auch in dieser verzerrten Darstellung auf die vielen Herausforderungen aufmerksam machen, denen Menschen auf der Flucht begegnen. Auf kulturelle Unterschiede, die schnell für Schwierigkeiten sorgen, wenn man sich der Ursache nicht bewusst ist. Und darauf, was Menschen tun können, um mit vergleichsweise kleinem Einsatz viel zu erreichen.

Der Titel des Films könnte kaum besser gewählt sein, denn „Das Wunder von Marseille“ ist genau das: ein Wunder. Und es ist schön, sich neben all den zweifelsohne wichtigen Dokumentationen und „realistischen“ Spielfilmen mal ein modernes Märchen mit herzergreifenden Momenten zu gönnen, das nicht so sehr unter die Haut geht. Das funktioniert übrigens auch ohne jegliche Schachkenntnisse.


Weitere Filme über Ausnahme-Talente im Schach: Die SchachspielerinMagnus - Der Mozart des Schachs.

Marius Hanke

Weitere Angaben

Filmtyp: Farbe

Sprachen: Deutsch, Französisch

Untertitel: Deutsch, Englisch, Frz. f. Hörg.

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Angaben beruhen auf Informationen zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (11. Woche 2020).