Das Versteck (2022)

Länge:
99 Minuten (Blu-ray: 103 Minuten)
Altersempfehlung:
Ab 16 Jahren
FSK-Freigabe:
Ab 12 Jahren
Regie:
Pascual Sisto
Darsteller:
Charlie Shotwell (John), Michael C. Hall (Brad), Jennifer Ehle (Anna), Taissa Farmiga (Laurie), Samantha LeBretton (Lily) u. a.
Genre:
Thriller , Drama
Land:
USA, 2021

Wie fühlt es sich an, erwachsen zu sein? Diese Frage hat John, so erfahren wir, seiner Mutter schon irgendwann vor Einsetzen der Handlung gestellt. Mit dem Wort Verantwortung würden an dieser Stelle wohl viele um die Ecke kommen. Sie würden vielleicht von wichtigen Entscheidungen sprechen, die getroffen werden müssen, oder davon, dass die eigene Zukunft geplant werden muss. Gleichzeitig könnten aber auch neue Freiheiten betont werden. Immerhin bestimmen Erwachsene selbst, wo es langgehen soll. Genau dieses Spannungsfeld – Verpflichtungen einerseits und Selbstständigkeit andererseits – spielt in Pascual Sistos Spielfilmdebüt „Das Versteck“ eine zentrale Rolle.


Darum geht es in „Das Versteck“:


Als der 13-jährige John in der Nähe seines einsam gelegenen Elternhauses mit einer Drohne auf ein seltsames Loch im Boden stößt, ist die Neugier des teilnahmslos wirkenden Jungen geweckt. Von seinen Eltern erfährt er, dass es sich um einen nicht fertiggestellten Bunker handelt, den wohl die unbekannten Nachbarn anlegen lassen wollten. Nur wenig später setzt der Teenager einen monströsen Plan in die Tat um. Heimlich betäubt er Mutter Anna, Vater Brad und Schwester Laurie mit Schlafmitteln und verfrachtet sie kurzerhand in die Grube, aus der es ohne Leiter kein Entkommen gibt. Als seine Familienmitglieder am nächsten Morgen erwachen, herrscht erst einmal große Verwirrung. Dann jedoch begreifen sie, dass John für ihre Lage verantwortlich ist. Während die Eingesperrten auf Rettung warten, testet der Jugendliche seine neue Unabhängigkeit aus, Autofahren und Geldabheben inklusive.


Was diesen Film so eigenwillig macht:


Der Verleih, der den Film in Deutschland auf den Markt wirft, kündigt einen „spannenden Psychothriller von hinterlistiger Härte“ an – und schürt damit falsche Hoffnungen. Wer sich auf ein stetig eskalierendes Katz-und-Maus-Spiel freut, kann lange warten. Denn statt Nervenkitzel im klassischen Sinne erzeugt „Das Versteck“ eine seltsam bedrückende, einlullende Atmosphäre und lässt viele aufgeworfene Fragen in der Luft hängen. Verfechter*innen einer hieb- und stichfesten Logik dürften sich schon früh verabschieden. Erklärt wird nämlich mit keiner Silbe, wie es der eher schmächtigen Hauptfigur gelungen sein soll, Eltern und Schwester in das mehrere Meter tiefe Loch zu hieven.

Eher ungewöhnlich ist, dass wir dem Protagonisten, der in Charlie Shotwells („Morbius“, „Captain Fantastic – Einmal Wildnis und zurück“) Performance manchmal wie ein Schlafwandler auftritt, nie richtig nahekommen. Was ihn antreibt, was er fühlt und welche Ziele er hat, geben Regisseur Pascual Sisto und Drehbuchautor Nicolás Giacobone, der hier eine eigene Kurzgeschichte adaptiert hat, wenn überhaupt, nur in Ansätzen preis. Festhalten können wir zumindest Folgendes: Irgendwie wirkt dieser John von den ersten Szenen an verloren in der Welt. Und bei ihm Zuhause scheinen alle mit sich selbst beschäftigt zu sein. Hat der Junge, wie es der doppeldeutige Originaltitel „John and the Hole“ nahelegen könnte, ein Loch in seinem Inneren? Spürt er eine große Leere und will deshalb wissen, was es heißt, erwachsen zu sein? Gut möglich! Zu einem seine Opfer aktiv quälenden Thriller-Antagonisten mutiert der Teenager nicht. Vielmehr beobachtet der Film in kunstvollen, oft Distanz zum Geschehen aufbauenden Bildern, wie John die neue Freiheit langsam zu schaffen macht. Ein wenig frustrierend ist es schon, dass sich die Geschichte in keine Richtung groß entwickelt, sondern recht abrupt zu ihrem Ende kommt. Wer filmische Rätsel liebt, sich gerne über das Gesehene den Kopf zerbricht, dürfte dennoch einige reizvolle Ansatzpunkte finden. Interpretations- und Diskussionsspielraum liefert schließlich auch der isoliert wirkende Handlungsstrang um eine Mutter und ihre 12-jährige Tochter. In welcher Beziehung er zu Johns Erzählung steht, deuten Sisto und Giacobone lediglich an. „Mitdenken erwünscht“, lautet einmal mehr das Motto.

Christopher Diekhaus

Weitere Angaben

Filmtyp: Farbe

Streaming-Anbieter

Angaben beruhen auf Informationen zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (34. Woche 2022).