The Congregation (Staffel 1)

Serienstart:
01.04.2023
Staffel:
1
Folgen:
6
Länge der Folgen:
42 Minuten
Altersempfehlung:
Ab 16 Jahren
FSK-Freigabe:
Ab 16 Jahren
Regie:
Goran Kapetanovic
Darsteller:
Alba August (Anna), Aliette Opheim (Eva), Einar Bredefeldt (Sindre), Klara Hodell (Kristina), Malin Persson (Irma) u. a.
Genre:
Drama , Krimi , Thriller
Land:
Schweden, 2021

Ein fester Glaube, an welchen Gott auch immer, kann erfüllend sein. Manchen Menschen gibt er Kraft, verleiht ihrem Leben Sinn und hilft ihnen, Probleme zu bewältigen. Wie so oft ist allerdings das Maß entscheidend. Wer sich zu sehr in eine religiöse Überzeugung verbeißt, läuft Gefahr, Andersdenkende zu verteufeln und den Blick für die Realität zu verlieren. Den destruktiven Einfluss einer fundamentalistischen Sekte beschreibt die schwedische Miniserie „The Congregation“, die auf dem Roman „Knutby“ von Jonas Bonnier basiert. Dieser wiederum behandelt einen realen Mordfall aus dem Jahr 2004.


Wovon die Serie „The Congregation“ handelt:


Die Studentin Anna sucht Halt, nach einem Ort, an dem sie sich endlich aufgehoben fühlt. Als sie im Jahr 2002 mit ihrer Mitbewohnerin an den Treffen einer Pfingstgemeinde in der Ortschaft Knutby teilnimmt, glaubt sie, ihren Platz gefunden zu haben. Kurzerhand zieht sie in das Dorf und erhält dort einen Job als Kindermädchen im Haus von Pastor Sindre, dessen Ehefrau Kristina sich zunächst gegen die Hilfe sträubt. Sehr zum Ärger von Eva, der Prophetin der Gemeinschaft, die die zweite Wiedergeburt Christi sehnsüchtig erwartet und sich mit Gottes Sohn vermählen will. Anna, so behauptet sie, sei ein besonderer Mensch und könne daher eine weitere wichtig Aufgabe ausfüllen. Verunsichert, aber auch geehrt kommt die neue Jüngerin der Bitte nach und taucht fortan immer tiefer in das Leben der Gruppe ein. Den Schrecken, der hinter der hübschen Fassade lauert, sieht sie anfangs nicht.


Was die Serie „The Congregation“ so unbehaglich macht:


„The Congregation“ beginnt mit einem Vorausblick ins Jahr 2004 und führt uns direkt vor Augen, dass der Protagonistin Schlimmes widerfahren ist. In einem Gespräch mit einer unbekannten Person wirkt Anna abgekämpft, verzweifelt. Nur wenig später sehen wir sie in einem Rückblick eine Waffe abfeuern. In starkem Kontrast zu diesem beklemmend-unheilvollen Auftakt steht ihre Einführung in die Knutby-Gemeinde. Fröhliche Gesichter, helle Kleidungsstücke, ein Picknick in freier Natur, klare, sonnendurchflutete Bilder – Erinnerungen werden wach an Ari Asters luftigen Sektenalbtraum „Midsommar“, der ebenfalls in einer abgeschiedenen schwedischen Kommune spielt. Anna nimmt den Ort als einen kleinen Garten Eden wahr und lässt sich sofort von der heiteren Stimmung mitreißen. Warum sie sich vorher verloren vorkommt, erfahren wir in einem Flashback ins Jahr 1993, als sie im Kindesalter, übermannt von einer religiösen Vision, am Sterbebett ihrer Mutter steht. Der Tod hat eine schmerzhafte Lücke hinterlassen, ist – das legt die Serie zumindest nahe – der Grund für Annas tiefe Verunsicherung. Um ihre Figur, ihre psychische Verfassung etwas besser greifen zu können, hätte „The Congregation“ hier ruhig noch ein bisschen konkreter werden dürfen.

Was die Macher*innen dagegen sehr detailliert und fröstelnd intensiv beschreiben, sind die toxischen Dynamiken innerhalb der Glaubensgemeinschaft. Nach außen geben sich Eva und Sindre als sanfte, gute Menschen, die einzig Liebe in die Welt tragen wollen. Kritiker*innen bekommen jedoch einen brutalen Gegenwind zu spüren. Zuckerbrot und Peitsche ist das Prinzip, mit dem sie die Gruppe auf Linie halten. Anna wird umgarnt, mit schönen Worten und Versprechungen gelockt. Kristina wiederum, die das dominante, übergriffige Auftreten der Prophetin hinterfragt, erfährt Erniedrigung und Ausgrenzung. Eva, beängstigend charismatisch gespielt von Aliette Opheim, wechselt manchmal binnen Sekunden ihr Gesicht, wird von der nachsichtigen Mahnerin zur wilden Furie. Selbst ihr Lächeln hat oft etwas Abgründiges. Geschickt versteht sie es, in ihre Sätze, ihre Anregungen latent vorwurfsvolle Töne einzubauen, und zwingt vor allem Anna dadurch immer wieder ihren Willen auf.

Ein weiteres Manipulationsinstrument ist Sex. Schon früh zeigt sich, dass Sindre seine Position gezielt ausnutzt, um junge Frauen ins Bett zu kriegen. Der Geschlechtsverkehr, so wird behauptet, steht im Dienst der höheren Sache. Nur wenn der Pastor ausgeglichen sei, könne er mit Gott kommunizieren. Gerade auf die Sex- und Machtspiele innerhalb der realen Knutby-Gemeinde stürzte sich die Boulevardpresse nach den blutigen Ereignisse im Jahr 2004 und malte sie in den schillerndsten Farben aus. Ab und an lässt sich auch die Serie dazu verleiten, die reißerischen Aspekte stärker ins Bild zu zerren – was in dieser Form sicherlich nicht nötig gewesen wäre. Dennoch zeigt „The Congregation“ erschütternd eindringlich, wie nach Orientierung suchende Menschen gefügig gemacht werden und wozu ihre Hörigkeit führen kann. Mitunter möchte man Anna am liebsten schütteln, da sie die Zeichen nicht richtig deutet oder verdrängt. Gleichzeitig verstehen wir aber: Wer einmal in einem System wie diesem gefangen ist, hat es unglaublich schwer, wieder einen anderen Blick einzunehmen und selbstbestimmt zu denken.

Christopher Diekhaus

Weitere Angaben

Filmtyp: Farbe

Streaming-Anbieter

Angaben beruhen auf Informationen zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (13. Woche 2023).