Servus Papa, See You in Hell

Länge:
116 Minuten
Altersempfehlung:
Ab 16 Jahren
FSK-Freigabe:
Ab 16 Jahren
Kinostart:
24.11.2022
Regie:
Christopher Roth
Darsteller:
Jana McKinnon (Jeanne), Clemens Schick (Otto), Leo Altaras (Jean), Arsseni Bultmann (Otis), Jeanne Tremsal (Jeannes Mutter)
Genre:
Drama
Land:
Deutschland, 2022

„Als ich anfing, meine Erinnerungen aufzuschreiben, kam viel hoch und gleichzeitig rückte alles weg von mir, erst recht, als das Drehbuch sich zu einer eigenen Geschichte formte“, äußerte die Schauspielerin Jeanne Tremsal in einem Interview. Sie hat zusammen mit Regisseur Christopher Roth das Drehbuch für „Servus Papa, See You in Hell“ geschrieben und darin ihr Aufwachsen im Friedrichshof, der berühmt-berüchtigten Mühl-Kommune im österreichischen Burgenland, verarbeitet. Abgeschottet von der Welt propagierte dort der Aktionskünstler Otto Mühl ein alternatives, freies Leben. Dabei ging es u.a. um gemeinschaftliches Eigentum, die Ablehnung von Kleinfamilie und Zweierbeziehung sowie um das gemeinschaftliche Aufwachsen der Kinder. Ende der 1980er Jahre wurde die Kommune aufgelöst, 1991 wurde Otto Mühl wegen Kindesmissbrauchs und Verstoßes gegen das Suchtgiftgesetz zu sieben Jahren Haft verurteilt.


Worum geht es in „Servus Papa, See You in Hell“?


Mit zwei Jahren wurde Jeanne von ihren Eltern in die Kommune von Otto mitten auf einer Insel gebracht. Sie wollten, dass ihre Tochter in einer besseren Welt aufwächst und nicht so wird wie die spießigen Leute „da draußen“. Nun ist Jeanne 14 und erzählt von ihrem Leben in der Kommune. Bisher ist es glücklich verlaufen – inmitten der Natur, zusammen mit den vielen Kindern, ihrem Freund Otis, den Tieren und der Arbeit auf dem Bauernhof. Noch nie hat Jeanne die Insel verlassen und es wurde auch versprochen, dass sie für immer auf dieser Insel bleiben kann. Sicher ist manches merkwürdig, wie die regelmäßigen „Selbstdarstellungen“ im Freien, wo die Erwachsenen tanzen und schreien und sich vor den anderen für ihre Fehler rechtfertigen müssen. Manche werden auch von der Insel weggeschickt, weil sie sich verliebt haben, denn Otto sagt, dass die Zweierbeziehung und die Kleinfamilie die Wurzel alles Bösen ist.

Bisher hat Jeanne dies nicht in Frage gestellt. Doch dann passiert es ihr, dass auch sie sich verliebt: in den zwei Jahre älteren Jean. Jean ist ein rebellischer Einzelgänger, der sich gern widersetzt und sich nicht an die strengen Regeln in der Kommune hält. Nun muss er vor allen vortanzen und wird anschließend von der Insel verbannt. Doch damit nicht genug, kommt Otto Nacht für Nacht in Jeannes Zimmer und berührt sie. Zum Glück kann Jeanne sich zur Wehr zu setzen und zusammen mit den anderen Kindern und Jugendlichen gegen die autoritäre Herrschaft von Otto aufstehen.


Lohnt sich der Film für dich?


„Servus Papa, See You in Hell“ ist ein starker, eindringlicher Film darüber, wie aus einer Utopie ein totalitäres System erwachsen kann. Dabei wollte das Filmteam weniger die Geschehnisse in der Mühl-Kommune aufarbeiten, sondern eher etwas Universelles beschreiben, wie Jeanne Tremsal meint: „Es ging uns um eine Coming-of-Age-Geschichte für Leute, die noch nie etwas von Otto Mühl gehört haben. Heute sind Jugendliche wieder an solchen Experimenten interessiert, die Suche nach einer anderen Art des Zusammenlebens ist überall. Das ist gut. Gleichzeitig wollten wir die Gefahr zeigen, wie schnell das schiefgehen kann. Wie Autonomie und eigene Gesetze zu Machtmissbrauch führen können“. Spannend ist, dass die Verhältnisse auf der Insel konsequent aus der Sicht der 14-jährigen Jeanne beschrieben werden – in ihrem Off-Kommentar wie in den Bildern, die allein ihre Welt und nicht die der Erwachsenen zeigen. Sie wird gespielt von Jana McKinnon, die durch ihre Unbefangenheit die Entwicklung von einer naiven Mitläuferin zu einem kritischen, aufbegehrenden Mitglied der Kommune beeindruckend darzustellen vermag. Beeindruckend ist auch Clemens Schick in der Rolle des charismatischen Kommune-Chefs Otto, der meist wie ein unberechenbarer Dämon daherkommt. Letztendlich lassen einen die intensiven Bilder nicht los und regen an, mehr über das Funktionieren solcher autoritären Systeme zu erfahren.

Barbara Felsmann

Anbieter

FilmverleihPort au Prince Pictures