Die Rüden

Länge:
107 Minuten
Altersempfehlung:
Ab 14 Jahren
FSK-Freigabe:
Ab 12 Jahren
Kinostart:
20.08.2020
Regie:
Connie Walther
Darsteller:
Nadin Matthews, Ibrahim Al-Khalil, Konstantin-Philippe Benedikt, Ali Khalil, Marcel Andrée u. a.
Genre:
Drama
Land:
Deutschland, 2018

Wenn vier junge Gewaltstraftäter in einem klaustrophobisch anmutenden Bühnenraum sechs Tage lang mit drei gefährlichen Hunden konfrontiert werden, die schon mehrfach Menschen angefallen und verletzt hatten, lässt das zumindest keinen unbeschwerten Kinobesuch erwarten. Selbst wenn die Hundetrainerin, die Mensch und Tier unter Kontrolle hält, in ihrem Outfit einem Fantasy-Actionfilm entstammen könnte. Und doch zählt dieser Film zu den eindrucksvollsten und ungewöhnlichsten Filmen des Kinojahres 2019. In der Tat ist alles bis in die klare rhythmische und musikalische Struktur hinein genau festgelegt und inszeniert. Es wirkt dennoch zugleich authentisch und fast schon dokumentarisch. Denn Hunde lassen sich von den Menschen nicht täuschen. Sie spüren genau, was in ihnen vorgeht, ob sie Angst haben und Mut nur vortäuschen, ob sie Interesse und Verständnis gegenüber den kampflustigen Hunden vorspielen, ob und wie sie ihre Machtposition nutzen oder aggressiv ausnutzen. Auf diese Weise wird das fragile Abhängigkeitsverhältnis zwischen Täter und Opfer immer wieder aufs Neue hinterfragt. Schließlich sind Gewalttäter und Hunde sowohl Täter als auch Opfer, verkörpern das Gute und das Böse gleichermaßen. Und mittendrin die Hundetrainerin, die sich durch nichts aus der Ruhe bringen lässt, auch nicht durch die aufkeimenden Zweifel der beobachtenden Strafvollzugs-Autoritäten.

Derart anschaulich ist es bisher nur wenigen Filmen gelungen, Tiefenstrukturen in unserer Gesellschaft herauszuarbeiten und sichtbar zu machen. Das filmische Experiment mit echten Hunden und echten Gewaltstraftätern, deren Straftaten aus Personenschutzgründen allerdings funktionalisiert wurden, verrät viel über die Art und Weise unseres täglichen Umgangs miteinander: über Lügen und Täuschungsmanöver im Alltag, verdeckte und offene Aggression, insbesondere auch über die von toxischer Maskulinität getragene Gewalt. Schließlich sind weltweit siebzig Prozent aller Gewaltstraftäter jung und männlich. Schon immer hat sich die Regisseurin Connie Walther vorwiegend mit Jugendthemen beschäftigt, von ihrem Debütfilm „Das erste Mal“ (1996) über „Wie Feuer und Flamme“ (2001) bis hin zu ihrem etwas zu konformen Film „Zappelphilipp“ (2012) über ADHS. Mit „Die Rüden“ ist ihr jetzt der ganz große Wurf gelungen. Die Idee dazu kam ihr nach einen Aggressions-Seminar in der JVA Wriezen mit der Hundetrainerin Nadin Matthews, die im Film sich selbst spielt. Ohne sie und die von ihr ausgesuchten Hunde Diego, Georgie und Face wäre dieser Film undenkbar gewesen.

Holger Twele

Anbieter

FilmverleihRealFiction Filmverleih