Die geheime Tochter

Länge:
122 Minuten
Altersempfehlung:
Ab 16 Jahren
FSK-Freigabe:
Ab 16 Jahren
Regie:
Manuel Martín Cuenca
Darsteller:
Irene Virgüez (Irene), Javier Gutiérrez (Javier), Patricia López Arnaiz (Adela), Juan Carlos Villanueva (Miguel), Sofian El Benaissati (Osman) u. a.
Genre:
Thriller , Drama
Land:
Spanien, 2021

Die Trefferquote kann sich sehen lassen! In schöner Regelmäßigkeit schwappen starke Thriller von der iberischen Halbinsel zu uns herüber. „Sleep Tight“, „The Body – Death Is Not Always the End“, „La isla mínima – Mörderland“ und „Der unsichtbare Gast“ sind nur einige Beispiele, die zeigen, dass spanische Filmemacher*innen wissen, wie man das Publikum packt und überrascht. Einreihen in diese Liste kann sich auch Manuel Martín Cuencas Nervenkitzler „Die geheime Tochter“. Obwohl er wahrscheinlich nicht das ganz große Nägelkauen auslöst, führt er seine Geschichte mit einer unaufgeregten Konsequenz an ihr blutiges Ende.


Darum geht es in „Die geheime Tochter“:


Es klingt zunächst nach einer Win-win-Situation: Der in einer Jugendstrafanstalt arbeitende Javier hilft der inhaftierten Irene bei ihrer Flucht und nimmt sie für eine Weile bei sich auf. Er und seine Frau Adela wollen das schwangere Mädchen auf ihrem Weg zur Geburt begleiten und erhalten – so der Deal – dafür anschließend das Baby. Irene wiederum soll sich mit ausreichend Geld ein neues Leben aufbauen. Kurz nach ihrer Ankunft im abgelegenen Haus des Paares scheint alles noch in bester Ordnung. Doch der Wunsch der 15-Jährigen, ihren im Gefängnis sitzenden Freund Osman, den Vater des Kindes, zu kontaktieren, sorgt für erste Misstöne. Je länger sie mitten im Nirgendwo ausharren muss, umso größer wird Irenes Sehnsucht, selbst in die Mutterrolle zu schlüpfen.


Was diesen Film sehenswert macht:


„Die geheime Tochter“ gehört zu der Sorte Film, die ohne Hektik ein bedrohliches Szenario aufbaut, dabei aber auf eine unausweichliche Konfrontation zusteuert. In der ersten Stunde passiert nicht allzu viel. Kleine Irritationen machen sich aber schon hier bemerkbar. Eine Szene, in der die Kamera durch ein vergittertes Fenster nach draußen blickt, deutet an, dass das Haus der Eheleute für Irene zu einem Gefängnis wird. Der Betreuer und seine Frau verhalten sich, verglichen mit den Figuren aus ähnlichen Thriller-Werken, eher besonnen. Bei Adela brechen mitunter allerdings unangenehm besitzergreifende Züge hervor. Mehrfach mischen sich überdies disharmonische Klänge in die musikalische Untermalung. Ein hartnäckig nachfragender Polizist und der irgendwann aus dem Knast kommende Osman bringen den heiklen Pakt zusätzlich in Gefahr.

Dass Irenes Lage immer auswegloser und beunruhigender wirkt, liegt nicht zuletzt am Hauptschauplatz. Das gebirgige andalusische Hinterland, wo sich Javiers und Adelas Anwesen befindet, fängt Kameramann Marc Gómez del Moral in all seiner rauen, einschüchternden Einsamkeit ein. Am Ball bleiben wir trotz des eher ruhigen Erzähltempos auch deshalb, weil das Drehbuch geschickt mit den Erwartungen spielt. Manche Thriller-Regeln werden befolgt. Mit anderen wiederum bricht der Film. Einige Szenen sind deutlich ausführlicher, als man es erwarten würde. So schauen wir Irene etwa ungewöhnlich lange dabei zu, wie sie versucht, einen Nagel aus einem Brett zu ziehen. Der Grund dafür: Auf diese Weise können wir nachempfinden, wie viel Kraft und Mühe sie aufbringen muss.

Einen emotional-dramatischen Charakter bekommt „Die geheime Tochter“ durch Irenes langsam erwachende Muttergefühle. Mit der Zeit will sie selbst über ihren Körper bestimmen und freut sich zunehmend auf das Baby. Eine Entwicklung, die Javier und Adela natürlich ganz und gar nicht schmeckt. Wer besonders viel Wert auf Glaubwürdigkeit legt, könnte bemängeln, dass die 15-Jährige keinerlei professionelle medizinische Betreuung bekommt. Wirklich störend ist das jedoch nicht. Denn die Spannung bleibt bis zum Finale erhalten. Rückblickend fällt dennoch auf: Mit einer Laufzeit von knapp über zwei Stunden ist der Thriller einen Tick zu lang geraten. Das letzte Drittel hätte ruhig ein wenig kürzer sein dürfen – das nur als kleine Fußnote.

Christopher Diekhaus

Weitere Angaben

Filmtyp: Farbe

Sprachen: Deutsch, Spanisch

Untertitel: Deutsch

Streaming-Anbieter

Angaben beruhen auf Informationen zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (25. Woche 2022).