Die Discounter

Während die amerikanische Sitcom „Superstore“ gerade ein großartiges Serienfinale über den Alltagswahnsinn im Einzelhandel abgeliefert hat, zeigen drei junge Filmemacher aus Hamburg, dass eine kleine deutsche Supermarkt-Filiale mindestens genauso viel Unterhaltungspotenzial bietet: Mit der Mockumentary „Die Discounter“ geben sie einen wundervoll schrägen Einblick in das Geschehen bei „Feinkost Kolinski“. Mit allen Verrücktheiten und Streitereien, die man während eines Einkaufs nicht unbedingt mitbekommt – die aber oft dann doch für alle sichtbar ausgetragen werden. Tut weh, aber lohnt sich. Denn im Grunde haben die neun Episoden nur eine einzige Schwäche: Sie sind zu schnell vorbei.

Was dich in der Serie „Die Discounter“ erwartet:

In der „Feinkost“-Filiale in Hamburg-Altona herrscht ein strenges Regime – schließlich gilt es, die anderen zwei Standorte nach Möglichkeit auszustechen und überhaupt in jeder Hinsicht perfekt dazustehen. Dass das in der Regel ordentlich schiefgeht, scheint der Überschwänglichkeit von Filialleiter Thorsten nicht den geringsten Abbruch zu tun. Ebenso wenig, dass seine Truppe ihn gar nicht so ernst nimmt und es eigentlich seiner Stellvertreterin Pina zu verdanken ist, dass der Laden überhaupt noch steht. Oder dass es vielleicht nicht die klügste Idee war, die 15.000 Euro für das neue Sicherheitssystem ein klein wenig anders als vorgesehen zu investieren …

Aber das macht ja alles nichts – immerhin trägt der Rest des Teams auch nicht gerade zum Erfolg des Ladens bei. Von Floras Sex-Eskapaden mit Lieferanten in der Kühlkammer über Peters etwas eigenwilliges Moralbewusstsein gegenüber Ladeneigentum sowie seine höchst kreativen Vorstöße, um als cooler Rudelführer und Chef-Aufreißer respektiert zu werden, bis hin zu Jonas' verzweifelten Versuchen, als Sicherheitsprofi für Ruhe und Ordnung zumindest auf der Verkaufsfläche zu sorgen (er ist nun mal nicht besonders gut geeignet für einen solchen Job, also wirklich so gar nicht; so ganz und gar nicht): Hier haben eigentlich alle das Gefühl, ihre Sache ziemlich gut zu machen. Und Titus, der Neue? Der wundert sich erstmal nur.

Warum sich die Mockumentary auf jeden Fall lohnt:

Erst ist es bloß eine dieser Serien, die dir bei Amazon Prime so oft vor die Nase gehalten wird, bis du dann doch irgendwann reinguckst. Und einen kurzen Moment später fragst du dich schon, ob und wann es endlich eine nächste Staffel gibt (leider noch unklar, die Chancen stehen aber recht gut). Denn „Die Discounter“ tritt auf ziemlich geschickte Weise in die langen Mockumentary-Fußstapfen von „The Office“ und „Parks and Recreation“, schnappt sich eine Prise Skurrilität vom „Tatortreiniger“ und legt in Sachen norddeutscher Humor noch mal eine ordentliche Schippe drauf. Dazu noch ein wild durchgemixter, ziemlich cooler Cast und der Wahnsinn ist komplett. Naja okay, nicht ganz. Da wären noch überdrehte, in der Mottowoche den Markt stürmende Abiturient*innen, dreckige Konkurrenzkämpfe mit toten Mäusen und Gammelfleisch, Schwangerschaftsalarm nach Liebeleien unter der Belegschaft und natürlich das besonders große Freude bereitende Team-Coaching zur Gewaltfreien Kommunikation. Ein Abenteuer der außergewöhnlichen Sorte.

Kleine Vorwarnung: Diese Serie wird beim Anschauen ordentlich wehtun. Dafür auf eine bitterschöne Weise. Es ist unmöglich, die eher „schwierigen“ Charaktere des neunköpfigen Filialteams zu mögen. Zugleich ist es aber auch unmöglich, sie nicht zu lieben. Schließlich sind sie immer für eine Überraschung gut und tragen das Herz letztendlich doch am rechten Fleck. Ein Blick lohnt sich also auf jeden Fall. Und sei es nur, weil in diesem besonderen Supermarkt auch Peter Fox einkaufen geht.

Hintergrundinfos zu „Die Discounter“:

Zusatzfolge? Yes! Diese gibt einen kleinen Making-of-Einblick. Spätestens da wird auch klar, dass Christian Ulmen und Carsten Kelber als Produzenten der Serie gar nicht groß federführend waren, sondern den Filmemachern Oskar und Emil Belton sowie Bruno Alexander (Titus | „Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“) weitestgehend freie Hand gelassen haben. Und die wiederum haben mit sehr viel Raum für Improvisation ganz schön was aus den Schauspieler*innen herausgekitzelt (soll heißen, sie wurden stellenweise voll ins kalte Wasser geschmissen) – wo besonders Marc Hosemann (Thorsten | „Oh Boy“, „4 Blocks“) so manches Mal die Erwartungen ein klein wenig übertroffen hat. Ein etwas gewagtes Konzept, das schließlich voll aufgegangen ist.

Marius Hanke