Carrie

Die Neuverfilmung des Stephen King Klassikers kann sich durchaus sehen lassen – gerade weil Regisseurin Kimberly Peirce darauf verzichtet, die seit der Erstverfilmung hinzugekommenen technischen Möglichkeiten voll auszuschöpfen. Nichtsdestotrotz arbeitet sie auf der Höhe der Zeit – inhaltlich.
Die junge Carrie verbringt eine Jugend, um die sie wohl niemand beneidet. In der Highschool muss sie als seltsam wirkende Außenseiterin täglich den Spott und die Sticheleien der anderen ertragen und zu Hause ist es auch nicht besser. Ihre alleinerziehende Mutter ist eine religiöse Fanatikerin, die in allem die Sünde sieht. Carrie darf kaum etwas von dem, was ihre Mitschüler so machen, und nicht selten wird sie in der kleinen Kammer unter der Treppe eingesperrt. Trotzdem liebt sie ihre Mutter. Die Lage in der Schule spitzt sich zu, als Carrie nach dem Sport unter der Dusche ihre erste Periode bekommt und zu verbluten glaubt – schließlich hat sie nie jemand aufgeklärt. Die anderen Mädchen machen sich über sie lustig und bewerfen sie mit Tampons. Als dann auch noch ein Video davon im Internet auftaucht, greift Carries Sportlehrerin drastisch ein und weist die Mädchen zurecht. Von nun an läuft es besser. Doch die Demütigung, die sie dann beim Abschlussball erwartet, kann Carrie nicht mehr hinnehmen. Sie hat mittlerweile herausgefunden, dass sie telekinetische Kräfte besitzt. Und so nimmt sie bittere Rache.

Es ist mittlerweile 40 Jahre her, dass Stephen King seinen Debut-Roman „Carrie“ veröffentlicht hat. Und doch scheint er noch hochaktuell. Regisseurin Kimberley Peirce (Boys don’t Cry, Stop-Loss) wird dem gerecht, indem sie die Darstellung mit dem heutigen sozialen Alltag von Jugendlichen abgleicht und auch auf Internet-Mobbing eingeht. Zwar wird diese Problematik nur leicht angerissen, doch zeigt es auf beeindruckende Weise, wie wenig sich eigentlich verändert hat. Der tägliche Überlebenskampf der Jugendlichen bleibt der gleiche, bloß die Schauplätze verschieben sich mehr und mehr in den Cyberspace. Interessant auch, dass Carries übernatürliche Kräfte gar nicht nötig wären, um die Spannungskurve aufrechtzuerhalten. Sie wirken bloß als Verstärker. Deswegen ist es sehr angenehm, dass Peirce diese Seite von „Carrie“ zwar für eindrucksvolle Momente und Bilder nutzt, es aber nicht in Effekthascherei ausarten lässt. So liegt der Fokus auf der psychologischen Seite, die vor allem von Hauptdarstellerin Chloë Grace Moretz (Runaway Girl, Kick-Ass) auf großartige Weise herausgearbeitet wird – man weiß manchmal nicht, ob man sich vor ihr fürchten oder Mitleid haben soll. Wer nicht zu sehr auf Horror fixiert ist, bekommt mit „Carrie“ ein solides Drama mit überzeugenden Darstellern und eindrucksvollen Bildern. Und auch wenn sich der Schluss von der Vorlage etwas unterscheidet, wird er doch diesem eigensinnigen Erfolgsautor durchaus gerecht, der Enden bloß schreibt, „weil es hierzulande so üblich ist“.

DVD-Bildformat:1:2,35; 16:9
Ton:Dolby Digital 5.1
Sprachen: Deutsch, Englisch
Untertitel: Deutsch, Englisch

Marius Hanke