Ummah - Unter Freunden

Nach einem missglückten Einsatz in der rechtsradikalen Szene von Hamburg, der an Körper und Seele deutliche Spuren hinterließ, hat Daniel die Schnauze gestrichen voll. Obwohl er sich beim Verfassungsschutz als verdeckter Vermittler auf mehrere Jahre verpflichtete, will er nun sofort aussteigen. Daniel findet für die nächsten Monate Unterschlupf in einer heruntergekommenen Wohnung im Berliner Stadtteil Neukölln. Beim Kauf eines alten Gebrauchtfernsehers lernt er den türkischen Elektrohändler Abbas und dessen Freunde und Familie kennen. Nach anfänglichem Misstrauen, etlichen Tritten ins Fettnäpfchen und unterschwelligen Vorurteilen auf deutscher und türkischer Seite fühlt sich Daniel bei seinen türkisch-arabischen Freuden endlich daheim und gut aufgehoben. Er wird zu einer türkischen Hochzeit eingeladen und besucht voller Neugier eine private Koranschule. Da verlangt der Verfassungsschutz, um von eigenen Verfehlungen der Behörde abzulenken, dass Daniel seine neuen Freunde ans Messer liefern soll.

Dem Spielfilmdebüt des Deutschtürken Cüneyt Kaya gelingt es auf immer spannend bleibende, zum Teil auch skurrile und humorvolle Weise, gängige Vorurteile zwischen Deutschen und Türken und vor allem gegen die muslimische Gemeinschaft in Berlin auf den Punkt zu bringen, dann abzubauen oder ganz zu widerlegen. So wird aus dem geschäftstüchtigen türkischen Händler schnell ein hilfsbereiter Freund mit dem Herzen am rechten Fleck und Daniel lernt, dass es mehr als unschicklich ist, Alkohol auf eine türkische Hochzeit mitzubringen; er lernt auch, dass beileibe nicht jeder Gesprächskreis über den Koran mit einer terroristischen Versammlung verwechselt werden darf. Das macht den Film überaus sympathisch und vermag Türen zu fremden Kulturen zu öffnen. Auf der anderen Seite rutscht Kaya bei der Darstellung des Verfassungsschutzes als korrupte Behörde ohne Moral und Gewissen mitunter selbst stark ins Klischee ab, auch wenn dies vor dem Hintergrund der ominösen und bis heute nicht vollständig geklärten Rolle der Behörde bei den NSU-Morden nachvollziehbar ist. Zwiespältig bleibt auch Frederic Lau (Was Du nicht siehst, Die Welle, Picco) als Daniel, der seine schwierige Rolle zwar bravourös meistert, als menschliches Wrack aber doch manchmal gar zu überzogen wirkt.

DVD-Bildformat:1:1,85; 16:9
Ton:Dolby Digital 5.1
Sprache: Deutsch
DVD-Extras: Making of, Interviews, Bildergalerie

Holger Twele