Zarte Parasiten

Die beiden Jugendlichen Jakob und Manu sind davon überzeugt, dass sie ihre eigene Strategie des Überlebens gefunden haben. Sie sind ohne festen Wohnsitz, campieren im Wald und haben sich von bürgerlichen Normvorstellungen und dem Streben nach rein materiellen Werten schon lange verabschiedet. Viel wichtiger ist ihnen die bedingungslose Freiheit und Ungebundenheit. Ihren kargen Lebensunterhalt verdienen sie sich als menschliche Dienstleister. Sie bieten vor allem älteren Menschen das an, was ihnen besonders fehlt: Hilfe im Alltag, menschliche Wärme und Zuneigung. Als Jakob jedoch an einen schwerreichen Kunden gerät, der in ihm einen Ersatz für den verstorbenen Sohn sieht, gerät auch das Leben der beiden Außenseiter aus den Fugen. Jakob findet Gefallen an seiner neuen Rolle und Manu hat plötzlich das Nachsehen.

Der zweite Kinofilm von Christian Becker und Oliver Schwabe nach ihrem Debüt „Egoshooter“ lotet die Untiefen zwischen extremer Selbstbezogenheit und der Definition des Menschen als sozialem Wesen auf neue Weise aus. Er ist wie eine Variation der Versuchsanordnung mit zwei zentralen Fragestellungen: Wie weit kann man sich aus dem „normalen“ Leben der Mitmenschen zurückziehen, um ein „freies“ Leben zu führen? Und wo liegen die Grenzen dieser Freiheit in einer Zweierbeziehung? Entstanden ist eine leicht schräge Geschichte, dramaturgisch nicht immer ausgereift, aber sie setzt für den deutschen Film im Bereich des Kammerspiels neue Impulse. Sie wirkt unspektakulär, ist fast „zärtlich“ erzählt und sorgt, wie der Titel schon ahnen lässt, auf jeden Fall für Irritationen und Nachdenklichkeit – etwa darüber, ob alternative Lebensformen auch etwas Parasitäres an sich haben.

DVD-Bildformat: 16:9
Ton: Dolby Digital 5.1
Sprache: Deutsch

Holger Twele