When They See Us

Serienstart:
31.05.2019
Staffel:
1
Folgen:
4
Länge der Folgen:
64-88 Minuten
Altersempfehlung:
Ab 16 Jahren
FSK-Freigabe:
keine Angabe
Regie:
Ava DuVernay
Darsteller:
Caleel Harris (Antron McCray als Teenager), Ethan Herisse (Yusef Salaam als Teenager), Asante Blackk (Kevin Richardson als Teenager), Marquis Rodriguez (Raymond Santana als Teenager), Jharrel Jerome (Korey Wise) u.a.
Genre:
Drama
Land:
USA, 2019

Es ist ein skandalöser Fall, den Regisseurin und Drehbuchautorin Ava DuVernay („Selma“) in ihrer für den Streaming-Dienst Netflix entstandenen Miniserie „When They See Us“ rekonstruiert: Im April 1989 kam es im New Yorker Central Park zu einer brutalen Vergewaltigung an der Joggerin Trisha Meili, die den Angriff schwer gezeichnet überlebte. Ins Visier der Ermittler gerieten schnell die aus Harlem stammenden Teenager Antron McCray, Kevin Richardson, Yusef Salaam, Raymond Santana und Korey Wise, denen es zum Verhängnis wurde, dass sie zur fraglichen Zeit mit einer randalierenden Gruppe Jugendlicher durch die Grünanlage gezogen waren. Trotz fehlender Sachbeweise erwirkte die Staatsanwaltschaft auf Grundlage der unter Zwang abgegebenen Geständnisse eine Verurteilung der Tatverdächtigen. Erst Jahre nach ihren Gefängnisaufenthalten gab es eine neue Wendung, und urplötzlich konnten sich die Central Park Five, wie die jungen Männer getauft wurden, über einen Freispruch und eine Entschädigung für das erlittene Unrecht freuen.

In vier Episoden rollt DuVernay die reale, für viele Schlagzeilen sorgende Kriminalgeschichte auf und arbeitet dabei schonungslos heraus, wie sehr Vorverurteilungen und ein im System verankerter Rassismus das Schicksal der fünf Harlem-Bewohner bestimmten. Nicht nur die Medien auch die Beamten ließen sich maßgeblich von der Hautfarbe der Teenager und ihrer Herkunft leiten. Dem weißen, aus wohlhabenden Verhältnissen stammenden Opfer standen vier Afroamerikaner und ein Hispanoamerikaner mit zum Teil schwierigen Familienhintergründen gegenüber. Menschen, die geradezu prädestiniert schienen für eine grausame Tat wie diese. Linda Fairstein, die zum damaligen Zeitpunkt der Abteilung für Sexualverbrechen bei der Staatsanwaltschaft Manhattan vorstand, wird in „When They See Us“ als skrupellose Chefermittlerin porträtiert, für die von Anfang an nur ein Szenario in Frage kommt. Widersprüche werden weggebürstet oder den eigenen Theorien angeglichen. Und die mit unlauteren Methoden geführten Verhöre bauen gezielt einen unmenschlichen Druck auf, dem die 14- bis 16-jährigen Verdächtigen nur schwer standhalten können.

Serienschöpferin DuVernay schleudert den Zuschauer ohne großes Vorspiel in die Geschehnisse der verhängnisvollen Nacht hinein und führt ihm die Überforderung der fünf Protagonisten anschaulich vor Augen. Immer wieder gelingt es der Netflix-Produktion, vor allem dank eindringlicher Schauspielleistungen, emotional zu fesseln und Empörung über die beschriebenen Ungerechtigkeiten hervorzurufen. Mitunter greift die Regisseurin dabei zu etwas aufdringlich-pathetischen Inszenierungsmitteln. Auf ärgerliche Weise manipulativ wird es jedoch nur selten. Neben den Ermittlungen und dem Prozess nimmt DuVernay auch die Zeit hinter Gittern und das Leben danach in den Blick. Besonders aufwühlend und intensiv geraten die Passagen, die den Werdegang von Korey Wise bebildern, der als Einziger in einem Erwachsenengefängnis landet. Angesichts des durchaus beträchtlichen Umfangs – die Handlung umspannt insgesamt 25 Jahre – hätte es wahrscheinlich etwas mehr Raum gebraucht, um dem Stoff vollauf gerecht zu werden. Manche Entwicklungen wirken zumindest etwas zu verknappt.

Die enorme Relevanz des Kriminalfalls zeigt sich auf geradezu unheimliche Weise, wenn die Miniserie auf die unrühmliche Rolle Donald Trumps zu sprechen kommt, der die Angeklagten damals öffentlich an den Pranger stellte und in großen Zeitungsannoncen sogar die Wiedereinführung der Todesstrafe forderte. Dass der inzwischen zum Präsidenten gewählte, für seine rassistischen Äußerungen berüchtigte Milliardär den Freispruch wiederholt beklagte und anzweifelte, sagt einiges über das noch immer angespannte Verhältnis zwischen Schwarz und Weiß in den Vereinigten Staaten aus.

Christopher Diekhaus

Weitere Angaben

Filmtyp: Farbe

Streaming-Anbieter

Angaben beruhen auf Informationen zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (22. Woche 2019).