Was tun

Länge:
76 Minuten
Altersempfehlung:
Ab 14 Jahren
FSK-Freigabe:
Ab 12 Jahren
Kinostart:
03.03.2022
Regie:
Michael Kranz
Darsteller:
Michael Kranz, Nupur, Redoy, Chanchala Mondal, Shyamal Adhikary, Monika, Padma, Hafeza
Genre:
Dokumentation , Politischer Film , Jugend
Land:
Deutschland, 2020

Worum es in „Was tun“ geht:


Manchmal haben Filme weitreichende Folgen. Als der Münchner Filmhochschulstudent (und bekannte Schauspieler) Michael Kranz im Kino den Dokumentarfilm „Whores' Glory“ (2011) von Michael Glawogger sieht, geht ihm eine Passage nicht mehr aus dem Kopf. Darin fragt eine 15-jährige Prostituierte aus Bangladesch den Interviewer und damit die Zuschauenden: „Warum müssen wir mit so viel Leid leben?“. Zwei Jahre danach fliegt Kranz 2015 nach Bangladesch, um das Mädchen zu suchen. Seine Suche hält er in einer essayistischen Doku fest. Im Rotlichtviertel der Kleinstadt Faridpur lernt er die bittere Welt der Zwangsprostitution, die blutjungen Sexarbeiterinnen Monika, Hafeza und Padma und sogar einen Menschenhändler kennen.

Bei der schwierigen Suche helfen Aktivist*innen, die sich um Zwangsprostituierte kümmern, und der minderjährige Straßenjunge Redoy. Mit Hilfe einer Zuhälterin findet Kranz endlich das Mädchen Nupur, das noch immer in einem Bordell arbeitet, aber davon träumt, Kosmetikerin zu werden. Er versucht ihr beim Ausstieg zu helfen, doch das ist schwieriger als erhofft. Einfacher ist es da schon, mit deutschen Spendengeldern ein Heim für Straßenjungs zu gründen.


Lohnt sich die Doku für dich?


Auf den ersten Blick wirkt das Unternehmen von Michael Kranz ziemlich naiv. Wer wartet in Bangladesch schon auf einen selbsternannten Samariter aus Deutschland? Zum Glück ist Kranz das Problem bewusst, fragt er sich doch einmal selbstkritisch im Off-Kommentar: „Habe ich ein Helfersyndrom?“. Ein Aktivist macht Kranz auch sofort klar, dass eine individuelle Hilfe keine Lösung ist, wenn das soziale System unverändert bleibt. Sympathisch ist an dem Abenteuertrip, dass Kranz so offen auf die Menschen zugeht. Problematisch wirkt später, dass er bei seinen ungestümen Hilfsaktivitäten zu wenig die Folgen seines Handelns reflektiert.

Mit Kranz bekommt man Einblicke in patriarchalische Strukturen durch die Mädchen und Frauen systematisch diskriminiert werden. So werden Mädchen, die in die Zwangsprostitution geraten sind, von ihren Familien in der Regel verstoßen. Falls sie mit Glück entkommen, stecken die Behörden sie in Regierungsheime. Dort werden sie wie Kriminelle eingesperrt, während sich Jungs in vergleichbaren staatlichen Kinderheimen frei bewegen können. Am Ende wird klar, dass die selbst protokollierte Heldenreise keine selbstgefällige Eintagsfliege war. Das Heim für 23 Jungs, das Kranz gegründet hat, wird weiter von den Aktivist*innen betrieben. Und er hält jede Woche telefonischen Kontakt und reist einmal im Jahr nach Bangladesch.

„Was tun“ wurde mehrfach ausgezeichnet, darunter mit dem Deutschen Dokumentarfilmpreis (Förderpreis und Publikumspreis).

Reinhard Kleber