Wann endlich küsst du mich?

Am liebsten würde Doris Rosemeyer alle Lebensentscheidungen für ihre zwei Töchter selbst treffen, mindestens aber ein gutes Vorbild sein. Doch weder Mascha, die ältere, die noch nicht so recht weiß, was sie will, noch Viola, die 16-Jährige, die ungeplant schwanger ist, finden das toll. Zumal sie beide, wenn auch aufgrund unterschiedlicher Erlebnisse, das Gefühl teilen, keine richtige Mutter zuhaben. Großmutter Uschi ist da ganz anders. Zwar versucht sie immer zwischen Mutter und Töchtern zu vermitteln, doch sie hat ein offenes Ohr für ihre Enkelinnen und ist davon überzeugt, dass jeder für sich verantwortlich ist. Sie sieht ihre Herausforderung darin, Entscheidungen anderer zu verstehen und zu akzeptieren. Kein leichtes Unterfangen. Als Doris erfährt, dass sie selbst mit 40 Jahren nochmals schwanger ist ihre Entscheidung fällig: Die Hauptrolle in der Serie, auf die sie so lange gewartet hat, ist durch die neue Situation gefährdet. Und zum ersten Mal gibt es einen Kindesvater, der hier ein Wort mitreden möchte.

In ihrem Spielfilm erzählt Julia Zische keine eindeutig lineare Geschichte der Mutter-Tochter-Verhältnisse, sondern räumt dem Zuschauer immer wieder Raum ein, bei Personen zu verweilen und ihre Charakterzüge und Lebensentwürfen besser kennenzulernen. Alle Frauen versuchen, sich über ihre Ansprüche an das Zusammenleben mit einem zukünftigen oder aktuellen Lebensgefährten klar zu werden. Damit ist gleichzeitig dramaturgisch ein Bogen geschlagen, denn wie sich jede einzelne entschieden hat, löst sich erst in der Schlußszene auf. Vom Timing und in der Rollengestaltung wirkt der Film eher behäbig, doch in der Bildgestaltung gelingen immer wieder ineinanderfließende Übergänge und pointierte Bildarrangement, die sehenswert sind und Schwung ins Geschehen bringen.

Kristin Langer