Touch Me Not

Länge:
124 Minuten
Altersempfehlung:
Ab 16 Jahren
FSK-Freigabe:
Ab 16 Jahren
Kinostart:
01.11.2018
Regie:
Adina Pintilie
Darsteller:
Laura Benson, Tómas Lemarquis, Christian Bayerlein, Grit Uhlemann, Adina Pintilie, Hanna Hofmann, Seani Love, Irmena Chichikova u. a.
Genre:
Drama
Land:
Rumänien, Deutschland, Tschechische Republik, Bulgarien, Frankreich, 2018

Selten kam eine Juryentscheidung so überraschend wie diese, als sie dem Langfilmdebüt der rumänischen Regisseurin Adina Pintilie auf der Berlinale 2018 den Goldenen Bären zusprach. Niemand hatte das erwartet und möglicherweise hat die von dem deutschen Regisseur Tom Tykwer geleitete Jury dem Film damit sogar einen „Bärendienst“ erwiesen. Denn mit dem Stigma des „ungerechtfertigten“ Preises behaftet, gerät das Besondere dieses semidokumentarischen Experimentalfilms, der neue Wege des filmischen Erzählens erkundet, leicht aus dem Fokus. Schließlich geht es im Film um Spielarten und Grenzen der männlichen und weiblichen Sexualität, um Körperlichkeit und das Verhältnis zum eigenen und fremden Körper, wobei sich die Filmemacherin als Person unmittelbar in den Film einbringt und sich nicht hinter der Kamera versteckt. Ausgangspunkt ihres Films war die eigene Frage, warum Intimität so häufig mit Angst, Schuldgefühlen, Misstrauen und Einsamkeit verbunden ist.

Im Zentrum des Films steht die Schauspielerin Laura Benson in der Rolle von Laura, die sich auf einen extremen (Selbst-)Erfahrungstrip einlässt. Laura erlebt sich als asexuell und möchte endlich ihren Widerstand gegen körperliche Brührungen überwinden und ihre Sexualität ausleben. Dazu bestellt sie sich zunächst einen Callboy, der sich vor ihr auszieht und vor ihren Augen onaniert. Es folgen weitere Begegnungen und Gespräche mit der Transfrau Hanna, die sich erst im reifen Alter outete, und dem Sexualtherapeuten Seani Love. Sie erkennt schließlich, dass sich hinter der Sehnsucht nach Berührungen auch eine lange aufgestaute Wut verbirgt. Zugleich besucht sie einen alten Mann im Krankenhaus und beobachtet eine Berührungstherapie-Gruppe zwischen körperlich Behinderten und Nichtbehinderten. Insbesondere von Tómas ist sie fasziniert, der seine Gefühle ebenfalls lange unterdrückt hat und in der Gruppe mit Christian zusammenarbeitet. Dieser leidet an spinaler Muskelatrophie, ist an den Rollstuhl gefesselt und lebt seine Sexualität mit seiner nichtbehinderten Freundin nicht nur in einem SM-Club mit Fesselspielen lustvoll aus.

So viel geballte Intimität und Körperlichkeit jenseits der gängigen filmischen Darstellungsformen lässt keinen Zuschauer unberührt. Ein anspruchsvoller, oftmals unbequemer Film, der überrascht, schockiert und fasziniert und dem obendrein das Kunststück gelingt, größtmögliche zärtliche Intimität in distanzierte, klar strukturierte Bilder zu fassen. Nähe und Distanz sind offenbar zwei Seiten einer Medaille.

Holger Twele

Weitere Angaben

Filmtyp: Farbe

Sprachen: Deutsch, Englisch

Untertitel: Deutsch

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Angaben beruhen auf Informationen zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (14. Woche 2019).