The Other Side Of The River - No Woman, No Revolution

Länge:
92 Minuten
Altersempfehlung:
Ab 14 Jahren
FSK-Freigabe:
Ab 12 Jahren
Kinostart:
27.01.2022
Regie:
Antonia Kilian
Darsteller:
/
Genre:
Dokumentation
Land:
Deutschland, Finnland, 2021

Die Filmemacherin Antonia Kilian geht 2016 in das syrische Grenzgebiet zwischen dem Irak und der Türkei, nachdem die Stadt Minbij durch kurdische Truppen vom IS-Terror befreit wurde. Dort trifft sie ihre gerade mal 20-jährige Protagonistin, deren Lebensweg von Gewalt, Zwängen und Krieg gezeichnet ist. Aber Hala will ihr Schicksal um jeden Preis in die eigene Hand nehmen. Dafür greift sie zur Waffe und stellt sich gegen die eigene Familie.


Worum es in „The Other Side of the River“ geht:


Der Dokumentarfilm begleitet seine junge Heldin bei der Grundausbildung in der kurdischen Fraueneinheit. Die chaotische und hochgefährliche politische Situation beeinflusst hier alle(s). Davon kann Hala ein Lied singen. „Ich werde für Gerechtigkeit sorgen“, sagt sie entschlossen. Sie floh vor ihrer Familie, als der Vater sie an einen IS-Kämpfer zwangsverheiraten wollte. Auch der Schwester Sosan gelingt die Flucht. Hala lässt sich jetzt in dem befreiten Gebiet in einer kurdischen Polizeiakademie militärisch ausbilden. In der Fraueneinheit geht es nicht nur um den Kampf gegen den IS, sondern auch gegen die starren patriarchalen Strukturen. Alle Frauen sollen befreit werden und sich emanzipieren dürfen. Das meint Hala ganz konkret, wenn sie von Gerechtigkeit spricht: Sie will die Schwestern vor den Plänen des Vaters retten und sie zu sich holen, sobald es ihr möglich ist. 10 Schwestern sind sie insgesamt, die zwei kleinsten hat Hala großgezogen. Sie vermisst sie jeden Tag.

Halas Familie unterstützt den IS. Im weiteren Umfeld der Familie schlossen sich diesem insgesamt 62 Männer an, einige davon kämpfen immer noch und Hala hat Angst, entführt zu werden. Schließlich hat der eigene Vater sie zur Schande für die Familie erklärt. Lieber stirbt sie durch eine eigens dafür gezündete Granate, die sie immer mit sich führt, als dass sie sich verheiraten lässt. „Ich habe 20 Jahre ohne Mann gelebt, ich schaffe weitere 100“, sagt sie ohne jeden Groll. Auch ihre Kameradinnen sind sich einig, dass man keinem Mann trauen kann. Die frauenverachtenden gesellschaftlichen Strukturen sitzen tief. So musste Hala während des IS-Terrors der Steinigung einer jungen Mutter beiwohnen, die eigenen Kinder und der Vater wurden gezwungen die Steine zu werfen.


Lohnt sich die die Doku für dich?


Der Film begleitet die jungen Frauen rund um Hala während ihrer Grundausbildung und beobachtet, ohne zu kommentieren, lässt diese für sich sprechen und Widersprüche und Ambivalenzen stehen. Denn in einer komplexen und komplizierten Situation gibt es keine einfachen Lösungen. Auch in der feministischen Polizeiakademie ist nicht alles gut, die Frauen werden auf Enthaltsamkeit eingepeitscht, körperliche Liebe zum Feind erklärt. Und als Hala in ihrer Angst um die Schwestern mit einer impulsiven Aktion die eigene Familie bedroht, steht die Kommandantin nicht hinter ihr.

Immer werden in dieser Doku starke Momente eingefangen. Landschaftsaufnahmen von karger Weite wechseln mit den schwer vom Krieg gezeichneten Städten, in denen kein Stein mehr auf dem anderen steht – Fenster wie schwarze Löcher, Schuttberge überall. Die Kamera verharrt auf dem Gesicht von Hala am Lagerfeuer, zwischen Lachen mit den anderen Frauen und unsagbarem Schmerz. In einer anderen Szene geht Hala mit ihrer Schwester ein Brautkleid kaufen, obwohl sie bestürzt über deren Entschluss zu heiraten ist. Am beeindruckendsten aber ist Halas Lebensfreude und Entschlossenheit, die sie immer ausstrahlt. 200 Stunden Material musste Regisseurin, Kamerafrau und Produzentin Antonia Kilian mit ihrem Cutter und Ko-Regisseur, dem Journalisten und Filmemacher Arash Asadi sichten und zusammenschneiden. Die Filmmusik steuert die bekannte Band „Shkoon“ bei. In den Liedern greift sie Zitate der Personen auf, so bekommen die porträtierten Frauen in vielfacher Hinsicht hier eine Stimme. Der Film wurde auf vielen Festivals gezeigt und ausgezeichnet, unter anderem mit dem „Hessischen Filmpreis“.

Christiane Radeke

Weitere Angaben

Filmtyp: Farbe

Streaming-Anbieter

Angaben beruhen auf Informationen zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (24. Woche 2022).