The Night Clerk - Ich kann dich sehen

Länge:
86 Minuten
Altersempfehlung:
Ab 14 Jahren
FSK-Freigabe:
Ab 12 Jahren
Regie:
Michael Cristofer
Darsteller:
Mit Tye Sheridan (Bart Bromley), Ana de Armas (Andrea), Helen Hunt u. a.
Genre:
Thriller
Land:
USA, 2020

Gerade in der heutigen Zeit, wo „Social Distancing“ an der Tagesordnung steht, hätte Regisseur Michael Cristofer mit seinem Film „The Night Clerk“ einen kleinen Coup landen können: Denn im Kern geht es um Distanz zu unseren Mitmenschen sowie um das natürliche Bedürfnis nach Nähe. Doch um diesen weichen Kern spinnt er einen halbgaren Thriller, der etwas uninspiriert vor sich hindümpelt.

Konkret geht es um Bart Bromley (Tye Sheridan), der das Asperger-Syndrom hat. Dabei handelt es sich um eine leichte Form von Autismus, bei der den Betroffenen Kontakt- und Kommunikation mit anderen Menschen sehr schwerfällt. Schon auf simple Fragen wie „Wie geht´s“ reagiert Bart überfordert: „Das ist eine komplizierte Frage. Sie zu beantworten, kann etwas dauern.“ Andererseits macht aber gerade diese Unbeholfenheit in solchen alltäglichen sozialen Interaktionen seinen Charme aus. Die Störung steht ihm bei der Arbeit als Hotelangestellter glücklicherweise kaum im Weg, im Hotel schätzt man ihn sogar sehr für seine Präzision und Zuverlässigkeit. Im Großen und Ganzen also ein lieber, leicht verschrobener junger Mann. Allerdings frönt Bart einem zweifelhaften Hobby, das die Grenze der Legalität überschreitet: In den Zimmern der Hotelgäste hat er versteckte Kameras installiert, die die intimen Konversationen, Badezimmergänge sowie andere Heim- und Peinlichkeiten einfangen. Freilich denkt sich Bart dabei nichts Böses. Er ist weder Spanner noch Erpresser. Die Aufnahmen dienen ihm lediglich dem gewissenhaften Studium von sogenannter „normaler“ Konversation. Denn das, wonach sich Bart sehnt, ist Unauffälligkeit und Normalität im Umgang mit anderen Personen. Daheim trainiert er also fleißig vor den Bildschirmen die richtigen Antworten auf allerlei Fragen zu geben (und umgekehrt). Eines Abends zeichnen seine Kameras aber etwas auf, was ihn just mitten hinein in eine polizeiliche Mordermittlung katapultiert. In einem Hotelzimmer wird eine Frau getötet. Bart hat den Mord nicht nur live mitbeobachtet, sondern ist auch zur falschen Zeit am falschen Ort. Er verfängt sich in Widersprüche und gerät immer mehr in die Bredouille. Gleichzeitig tritt in Gestalt der geheimnisvollen Andrea (Ana de Armas) jemand in sein Leben, der ihn endlich zu verstehen scheint. Doch ist ihr plötzliches Auftauchen wirklich Zufall?

Michael Cristofer hätte vielerlei Gestaltungsmöglichkeiten gehabt, die einzigartige Welt-Wahrnehmung seines Protagonisten auf beklemmende Weise in die Kriminalgeschichte einzubringen. Leider bleibt seine Inszenierung bieder und das soziale Handicap Barts wird mehr für seichten Humor als Suspense genutzt. Echter Thrill kommt weniger auf. Eher verliert sich der insgesamt doch etwas überraschungsarme Film in Nebensächlichkeiten, die sich nicht recht ins große Ganze fügen. „The Night Clerk“ verschenkt dadurch das Potenzial einer interessanten Hauptfigur sowie eines talentierten Ensembles, das wacker gegen den inhaltlichen Leerlauf anspielt.

Nathanael Brohammer

Weitere Angaben

Filmtyp: Farbe

Sprachen: Deutsch, Englisch

Untertitel: Deutsch

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Angaben beruhen auf Informationen zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (47. Woche 2020).