The Florida Project

Länge:
112 Minuten
Altersempfehlung:
Ab 14 Jahren
FSK-Freigabe:
Ab 12 Jahren
Kinostart:
15.03.2018
Regie:
Sean Baker
Darsteller:
Brooklynn Prince (Moonee), Bria Vinaite (Halley), Willem Dafoe (Bobby), Christopher Rivera (Scooty), Aiden Malik (Dicky), Valeria Cotto (Jancey)
Genre:
Drama
Land:
USA, 2017

Obwohl das Walt Disney World Resort Orlando für die sechsjährige Moonee stets in Sichtweite ist, wirkt es doch wie ein entfernter, vollkommen anderer Planet. Das temperamentvolle Mädchen lebt mit seiner alleinerziehenden Mutter Halley vor den Toren des berühmten Freizeitparkkomplexes in einer heruntergekommenen Motel-Anlage namens „Magic Castle“, die vor allem sozial schwache und gestrandete Menschen beherbergt. Tagein, tagaus streunt die kleine Moonee mit ihren Freunden durch die Gegend, heckt Streiche aus, klaut und bringt den Motel-Manager Bobby ein ums andere Mal ins Schwitzen. Da Halley keiner geregelten Arbeit nachgeht, gerät sie mit der Miete ständig in Verzug, weshalb ihr Bobby immer wieder mit dem Rauswurf droht. Ernst meint der Hausmeister seine Ansagen allerdings nicht. Vielmehr hat er die junge Mutter und ihre aufgeweckte Tochter ins Herz geschlossen und tut alles, was in seiner Macht steht, um wenigstens etwas Ordnung in ihr chaotisches Leben zu bringen.

„The Florida Project“ ist ein kleines Meisterwerk, das einen Blick in Randbereiche wirft, die im US-Kino sonst nur selten eine Rolle spielen. Independent-Regisseur Sean Baker („Tangerine L.A.“, Starlet) gelingt dabei das Kunststück, sein trostlos-abgewracktes Unterschichten-Setting mit einer ausgelassen-märchenhaften Stimmung aufzuladen. Moonee und ihre Spielkameraden empfinden ihre prekäre Lage nicht als bedrückend, sondern genießen die Freiheiten ohne permanenten Elterndruck und suchen begierig nach immer neuen Abenteuern. Konsequent umschifft das in einer direkten, unverblümten Sprache gehaltene Sozialdrama klassische Erzählregeln und blendet sich, losgelöst von irgendwelchen Mustern, einen Sommer lang in den Alltag der Protagonisten ein. Lebensecht und wahrhaftig wirkt das Geschehen vor allem deshalb, weil die Darsteller, von denen nicht wenige zum ersten Mal vor eine Kamera traten, erstaunlich ungezwungen agieren. Eine Naturgewalt ist etwa die kleine Brooklynn Prince, die Moonees quirliges, unzähmbares Wesen auf denkbar mitreißende Weise vermittelt. Ein großes Lob gebührt auch Hollywood-Star Willem Dafoe, der sich ungeachtet seiner Prominenz mit einer unaufgeregten Performance bestens ins Ensemble einfügt und dem mitfühlenden Motel-Manager eine bemerkenswerte Gelassenheit verleiht. Die Klasse des Films zeigt sich nicht zuletzt in der Darstellung Halleys. Einerseits unterstreicht Baker unmissverständlich, dass die heillos überforderte junge Frau ihre Mutterpflichten mit Füßen tritt und ein erschreckend verantwortungsloses Verhalten an den Tag legt. Andererseits kommt aber immer wieder eine tiefe Verbundenheit zum Vorschein, die von echter Liebe zeugt. Gerade diese Widersprüchlichkeit macht das Finale umso herzzerreißender, ohne dass „The Florida Project“ hier plump auf die Tränendrüse drücken würde.

Christopher Diekhaus