The Assistant

Länge:
84 Minuten
Altersempfehlung:
Ab 14 Jahren
FSK-Freigabe:
Ab 12 Jahren
Regie:
Kitty Green
Darsteller:
Julia Garner (Jane), Kristin Froeseth (Sienna), Matthew Macfadyen (Wilcock), Dagmara Dominizyk (Ellen), Alexander Chaplin (Max) u.a.
Genre:
Drama , Politischer Film
Land:
USA, 2019

Dieser Film ist spektakulär, weil er seine Geschichte so unspektakulär erzählt: Die australische Regisseurin Kitty Green zeichnet in ihrem Film „The Assistant“ minutiös den Alltag der Assistentin des Chefs einer New Yorker Filmproduktionsfirma nach. Früh morgens ist Jane die erste und abends die letzte im Büro. Die Collegeabsolventin träumt von einer Karriere als Producerin. Ihren Job betrachtet sie als große Chance. Bestärkt wird sie von ihren Eltern, mit denen sie im Laufe des Tages telefoniert, weil sie in der Hektik den Geburtstag ihres Vaters vergessen hat. Jane bucht Hotelzimmer, koordiniert die Fahrten ihres Chefs, stellt Wasserflaschen für Meetings bereit, füllt die Medikamente auf, die der Produzent benutzt. Bei einer Scheckabrechnung fallen ihr zwei Leerstellen auf. Die Rückfrage in der Buchhaltung ergibt, dass der Chef schon wisse, worum es geht. Mehrmals ruft die Frau ihres Bosses an, will wütend wissen, wo er sei. Jane versichert glaubhaft, dass sie es nicht wisse, denn sie bekommt ihn nie zu Gesicht.

Im gesamten Film ist der Chef nicht zu sehen, weil Regisseurin Green die im Grunde langweilige Alltagsgeschichte ganz und gar aus der Perspektive ihrer Hauptfigur erzählt. Und doch ist diese Geschichte überhaupt nicht langweilig sondern eine stille, intensive Studie zum Thema Sex, Macht und Missbrauch. Alle im Büro wissen, dass ihr Chef seine Macht als Medienmogul nutzt, um sich junge hübsche Frauen gefügig zu machen – so wie die junge Sienna, die der Produzent als neue Assistentin einstellt. Wegen ihr versäumt er ein Meeting. In einer von Hauptdarstellerin Julia Garner grandios gespielten Szene will sie sich daraufhin beim Personalchef beschweren. Doch der macht ihr mit psychologischen Besprechungstricks klar, dass sie es lieber bleiben lassen sollte. Zurück im Büro wissen die männlichen Kollegen schon über Janes Beschwerde Bescheid. Und der Chef antwortet ihr auf ihre Entschuldigung, er werde sie „groß machen“.

Abends beobachtet Jane nach Verlassen des Büros Schatten im Büro des Chefs, die einen Sexualakt vermuten lassen. Sie isst ruhig ihren Donut im gegenüberliegenden Shop weiter und geht nach Hause. Morgen wird sie wieder – wie alle Kolleg*innen im Büro – die kriminelle sexuelle Energie ihres Chefs decken und darauf hoffen, mit ihrer Karriere in der Medienbranche voranzukommen.

Greens Film ist ein radikaler Kommentar zum Sex-Skandal um den Filmproduzenten Harvey Weinstein, der 2020 wegen sexueller Nötigung und Vergewaltigung verurteilt wurde. Sein Fall löste die weltweite #Me Too-Bewegung aus, mit der Frauen auf männlichen sexuellen Missbrauch hinweisen wollten. Green spürt nun in ihrem Film den Grundlagen des Missbrauchs, dem umfassenden Macht- und Hierarchiesystemen am Beispiel einer fiktiven, nicht näher definierten Film-Firma nach. Da sie ursprünglich vom Dokumentarfilm herkommt, benutzt sie auch in ihrem ersten Spielfilm die Methode einer „teilnehmenden Beobachtung“. Sie zeigt ganz unprätentiös, wie alle in der Firma um das Fehlverhalten ihres Chefs wissen, wegschauen, bestenfalls Witze reißen, aber nicht gegen das kriminelle Handeln des mächtigen Mannes einschreiten.

Werner Barg

Weitere Angaben

Filmtyp: Farbe

Sprachen: Deutsch, Englisch

Untertitel: Deutsch

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Angaben beruhen auf Informationen zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (45. Woche 2020).