Synonymes

Länge:
119 Minuten
Altersempfehlung:
Ab 16 Jahren
FSK-Freigabe:
Ab 12 Jahren
Regie:
Nadav Lapid
Darsteller:
Tom Mercier (Yoav), Quentin Dolmaire (Emile), Louise Chevillotte (Caroline), Uri Hayik (Yaron), Jonathan Boudina (Aurélien), Gaël Raes (Hugo) u. a.
Genre:
Drama , Tragikomödie , Politischer Film
Land:
Frankreich, Deutschland u.a, 2019

Für seine außergewöhnlich inszenierte Migrationsgeschichte „Synonymes“ hat der israelische Filmemacher Nadav Lapid bei den Internationalen Filmfestspielen 2019 den Goldenen Bären erhalten. Und auch sonst hat der Film einige Preise abgeräumt und bei den Kritikern ordentlich Eindruck gemacht. Dabei ist er alles andere als leicht verdaulich und wirkt faszinierend wie abstoßend zugleich!

Nach seinem Militärdienst will Yoav seine israelische Identität ein für allemal hinter sich lassen und findet zunächst in einer leerstehenden Wohnung in Paris einen Unterschlupf. Doch schon nach der ersten Nacht werden all seine Sachen geklaut, während er unter der Dusche steht. Zum Glück sind da Caroline und Emile, die ihn bei sich aufnehmen, ihn neu einkleiden und ihm zu einer kleinen Mietwohnung in der Nähe verhelfen. Das junge Paar ist offenbar fasziniert von dem außergewöhnlichen Mann, der Dinge erzählt wie: „In meiner Familie ist es Tradition zu erfrieren“. Denn ihr eigenes Leben ist geprägt vom Wohlstand einer Unternehmerfamilie, von der sich Emile als rebellischer Autor zu lösen versucht. Und so hört gerade er gebannt zu, wenn Yoav von seiner Vergangenheit erzählt – von Kämpfen, von Maschinengewehrfeuermelodien und von den Heldengeschichten seiner Kindheit. Emile lässt sich davon inspirieren, während Yoav auf den Straßen von Paris durch eine ausgewachsene Identitätskrise treibt und französische Synonyme vor sich hin spricht. Er ist angewidert von der französischen Extravaganz und Selbstgefälligkeit, aber auch von all dem, was hinter ihm liegt. Und er scheint ein Talent dafür zu haben, in absurde Situationen zu schlittern, bei denen man als Außenstehender nur mit dem Kopf schütteln kann. Kein Wunder, dass die Dinge mehr und mehr außer Kontrolle geraten.

Auf den ersten Blick ist „Synonymes“ anstrengend und unangenehm. Denn Regisseur Nadav Lapid lässt sich viel Zeit für Momente, die man eigentlich gar nicht sehen will. Wenn Yoav zum Beispiel als Aktmodel etwas Geld verdienen möchte und vor laufender Kamera dazu aufgefordert wird, sich einen Finger in den Hintern zu stecken und lustvoll in seiner Heimatsprache zu stöhnen. Oder wenn ein Kollege vom Sicherheitsdienst, bei dem er anheuert, Menschen in der Bar und in der Bahn provoziert und (ohne konkreten Anlass) mit seiner jüdischen Herkunft konfrontiert. Das wirkt gnadenlos überzogen und zugleich seltsam authentisch. Immerhin gibt es diese Situationen in unserem Alltag, auch wenn wir sie am liebsten ausblenden würden.

Der Film beruht auf realen Erfahrungen des Drehbuchschreibers und Regisseurs, der selbst in Paris studiert hat. Ob er nun eine Abrechnung mit Frankreich oder mit Israel ist oder mit der Menschheit im Allgemeinen, bleibt ungewiss. Jedenfalls scheint Lapid den Finger in jede Wunde zu legen, die er finden konnte. Und er drückt lange – bis man kurz davor ist, abzuschalten. So schaukelt der Film unruhig zwischen beeindruckender Gesellschaftskritik und abschreckender Obszönitäten-Schau und es ist wirklich schwer zu sagen, wie man ihn denn nun findet.

Marius Hanke

Weitere Angaben

Filmtyp: Farbe

Sprachen: Deutsch

Untertitel: Deutsch

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Angaben beruhen auf Informationen zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (25. Woche 2020).