Sweet Tooth

Serienstart:
04.06.2021
Staffel:
1
Folgen:
8
Länge der Folgen:
39-53 Minuten
Altersempfehlung:
Ab 16 Jahren
FSK-Freigabe:
keine Angabe
Regie:
Jim Mickle, Toa Fraser, Robyn Grace
Darsteller:
Christian Convery (Gus), Nonso Anozie (Jepperd), Stefania LaVie Owen (Bear), Dania Ramirez (Aimee), Adeel Akhtar (Dr. Singh) u. a.
Genre:
Science-Fiction
Land:
USA, 2021

Schon verrückt, wie nah ein Ausnahmezustand angesichts der gegenwärtigen Corona-Krise wirkt. Die Einschränkungen des Alltags, die verlorene Selbstverständlichkeit im Umgang mit anderen Menschen, die Vorsichtsmaßnahmen: All das wirkt nicht mehr so weit hergeholt wie dies noch vor zwei Jahren der Fall gewesen wäre. Ganz genau das macht es uns überraschend leicht, sich in der chaotischen Welt von „Sweet Tooth“ zurechtzufinden. Denn auch wenn die Hauptfigur Gus noch ein Kind ist, kann man ziemlich gut verstehen, wie es ihm geht. Er fühlt sich als Außenseiter, will dazugehören, nicht allein sein, sucht nach Anschluss und muss sich dafür in eine Welt hinauswagen, die ihm bislang vollkommen unbekannt ist.


Was dich in der ersten Staffel von „Sweet Tooth“ erwartet:


Ein Virus hat die Menschheit heimgesucht. „Stay at home“ lautet die Devise. Mitmenschen werden plötzlich als Gefahr betrachtet. Das Leben steht still. Klingt vertraut, oder? Aber in dieser Serie geht es nicht um Covid-19. Und die Pandemie, von der hier erzählt wird, hat noch eine weitere merkwürdige Begleiterscheinung. Viele der neu geborenen Kinder sind Mischlingswesen und vereinen menschliche und tierische Eigenschaften. Menschen mit Hörnern oder Geweihen, mit Schweinenasen, mit Mähnen, mit Hufen. Für die Eltern ein Grauen, für die Mediziner*innen ein Rätsel. Hat dies etwas mit dem Virus zu tun? Sind die Hybridkinder vielleicht die Ursache für das Virus? Oder sind sie dessen Folge?

Während die Menschen versuchen, sich in all dem Chaos wieder ein wenig Normalität zu schaffen (und dabei immer wieder gewaltige Fehler machen), sind die Hybriden in Gefahr und werden regelrecht gejagt. Pubba hat deshalb mit dem kleinen Gus Zuflucht in den Wäldern gefunden. Dieser hat große Hirschohren, an deren Haltung sich gut seine Gefühle ablesen lassen, ein zunehmend größer werdendes Geweih auf dem Kopf, eine außergewöhnlich gute Nase – und einen ausgeprägten Heißhunger auf Süßigkeiten aller Art: Er ist eine Naschkatze, ein „sweet tooth‟. Als Gus zehn Jahre alt ist, stirbt jedoch Pubba an einer seltsamen Krankheit. Was soll Gus nun tun? Pubbas Rat folgen und niemals den Zaun überqueren, der das sichere Waldgebiet von der Welt da draußen trennt. Oder den Aufbruch wagen. Nachdem er ein Bild seiner Mutter findet, das einen Hinweis auf deren Aufenthaltsort enthält, gibt es keinen Zweifel mehr. Gus geht...

Die erste der insgesamt acht Folgen der Serie kommt ziemlich hoffnungsvoll daher, was womöglich auch an der beeindruckenden Weite der neuseeländischen Landschaft liegt, die hier stellvertretend für den Mittleren Westen der USA steht, und an Szenen wie jener, in der der Aufbruch von einem Song wie „Dirty Paws‟ von Of Monsters And Men begleitet wird. So smooth geht es allerdings nicht weiter. Denn schließlich macht die Gruppe der Last Men brutal Jagd auf die neue Spezies. Und ein Arzt entdeckt einen geradezu skandalösen Forschungsbericht, der nahelegt, dass sich ein Gegenmittel gegen das Virus mit Stammzellen von Hybrid-Kindern entwickeln lässt.


Lohnt sich die Netflix-Serie „Sweet Tooth“ für mich?


Die niedlichen Aufnahmen eines Kindes mit Hirschgeweih sollten nicht darüber hinwegtäuschen, dass die auf der 40-bändigen Comic-Reihe des Kanadiers Jeff Lemire beruhende Serie auch menschliche Abgründe auslotet und alles andere als leichte Kost ist. Einerseits findet der Zehnjährige Unterstützung und Rückhalt, andererseits sind andere bereit, ihn zu opfern. Die erste Staffel bleibt in dieser Hinsicht aber noch vergleichsweise zahm und konzentriert sich auf eine ausführliche Erzählung der Vorgeschichte, die nur den ersten Handlungsbogen der Vorlage umfasst und genau dann aufhört, wenn es eigentlich erst richtig losgeht – ziemlich ärgerlich! Zudem räumt sie der Geschichte eines Arztes und seiner infizierten Frau viel Raum ein und blickt auch zurück auf jene Frau, die es sich zum Ziel macht, den Hybridkindern eine Zuflucht zu bieten. Dadurch verliert die Serie Gus leider ein wenig zu oft aus dem Blick, wenngleich die komplette Handlung eng mit seinem Schicksal verbunden ist.

Dem Maskenbild ist es zu verdanken, dass die fantastische Figur Gus so glaubwürdig und echt wirkt. Zugleich wird so auch äußerlich sichtbar, was es bedeutet, anders zu sein, und wie normal das ist. Allerdings trifft das nur auf Gus und das Hybridmädchen Wendy zu: andere Hybridkinder sehen eher aus, als ob sie einer Karnevalsparty entsprungen wären und das Biber-Menschenkind Bobby ist ein Fremdkörper, der in der Serie bislang überhaupt nicht funktioniert.

Die Serie, die immer wieder auch bekannte Bilder der Vorlage nachstellt, hat durchaus das Potenzial, eine starke Geschichte auf der Höhe der Zeit zu werden – ganz im Sinne der Comics von Lemire, der ziemlich gut darin ist, einfühlsame Dramen mit Superhelden- und Science-Fiction-Stoffe zu vermischen. Ob das jedoch nach dieser aufgeblähten ersten Staffel gelingt, wird die Zukunft zeigen. Die Comic-Reihe umfasst insgesamt fünf Handlungsbögen. Es besteht also Hoffnung. Schließlich hat die Reise erst begonnen.

Stefan Stiletto

Weitere Angaben

Filmtyp: Farbe

Sprachen: Deutsch, Englisch u. a.

Untertitel: Deutsch, Englisch u. a.

Streaming-Anbieter

Angaben beruhen auf Informationen zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (22. Woche 2021).