Strange World

Länge:
102 Minuten
Altersempfehlung:
Ab 10 Jahren
FSK-Freigabe:
Ab 6 Jahren
Kinostart:
24.11.2022
Regie:
Don Hall, Qui Nguyen
Darsteller:
/
Genre:
Animation , Abenteuer , Familienfilm , Science-Fiction
Land:
USA, 2022

Wenige Kinotitel wurden 2022 derart angefeindet wie Disneys Animationsabenteuer „Strange World“. Die Gründe für die Aufregung: Der Film setzt auf Diversität. Eine der Hauptfiguren ist schwul. Und nebenbei geht es auch um den richtigen Umgang mit der Umwelt, die Frage nach der Energiegewinnung – Themen, die in Zeiten des Klimawandels leider immer wieder für hitzige Diskussionen sorgen. Frustrierend sind die harschen Reaktionen vor allem deshalb, weil uns Don Hall und Qui Nguyen eine scheinbar konventionelle Geschichte präsentieren, die mit einer kreativen Wendung in der zweiten Hälfte ordentlich an Ausdruckskraft gewinnt.


Worum es in „Strange World“ geht:


Searcher Clade ist fest entschlossen, in die Fußstapfen seines ehrgeizigen Abenteurervaters Jaeger zu treten. Bei einer Expedition kommt es jedoch zum Streit. Searcher kehrt daraufhin mit seiner Entdeckung, einem Elektrizität erzeugenden Gewächs, in seine Heimat Avalonia zurück, während Jaeger seinen Weg durch die Berge vorsetzt und dabei spurlos verschwindet. 25 Jahre später führt Searcher mit Ehefrau Meridian und Teenagersohn Ethan ein eher beschauliches Farmerleben. Nichtsdestotrotz ist er in Avalonia eine Berühmtheit, da die von ihm gefundene, Pando getaufte Pflanze als Energiemotor dient. Eines Tages ereilt Searcher ein Hilferuf. Die unter der Erde verbundenen Pandowurzeln drohen zu verfaulen, und nun soll eine Mission in den bislang unerforschten Untergrund klären, warum. Nicht nur der frühere Abenteurer schließt sich, nach anfänglichem Zögern, der Reise ins Ungewisse an. Auch Ethan schmuggelt sich an Bord des Flugschiffes.


Was „Strange World“ zu einem kleinen Erlebnis macht:


„Strange World“ beginnt mit recht klassischen familiären Konflikten: Jaeger will seinen Eifer, seine Entdeckerlust mit aller Macht auf seinen Sohn Searcher übertragen. Dieser entwickelt jedoch eine andere Sicht auf die Welt und findet sein Glück als Pandobauer. Er selbst geht wiederum davon aus, dass sein Sohn seine Arbeit fortführen wird. Ethan hat jedoch ebenfalls keine große Lust, seinem Vater nachzufolgen. Ihn beschäftigen ganz andere Fragen. Zum Beispiel, was sein heimlicher Schwarm Diazo von ihm hält. So sehr sich Searcher auch von Jaeger zu unterscheiden glaubt – bestimmte Eigenschaften hat er verinnerlicht. Deutlich wird das vor allem nach der Ankunft im geheimnisvollen, wunderschön animierten Untergrund. Mit seinen leuchtenden Farben, seinen ungewöhnlichen Lebewesen bringt er Searcher zwar zum Staunen. Gleichzeitig sieht er ihn aber auch als einen bedrohlich-unheimlichen Ort an. Ähnlich wie sein Vater greift der Farmer bei Problemen zu eher drastischen Mitteln und erinnert in seinem manchmal rücksichtslosen Auftreten ein wenig an Eroberer*innen der Kolonialzeit. Ethan indes betrachtet die schillernde unbekannte Gegend als ein faszinierendes Universum und tritt für eine respektvolle Behandlung der Natur ein. In seiner Figur steckt vieles, was der Fridays for Future-Bewegung am Herzen liegt.

„Strange World“ ist temporeich erzählt, könnte sich hier und da etwas mehr Zeit für die emotionalen Momente, die Erkenntnisschritte der Protagonisten nehmen. Durch den oben erwähnten Twist bekommt der Film allerdings noch einmal eine neue, aufregende Facette. Besonders schön: In diesem Fall braucht es keine echten bösen Kräfte, um die Geschehnisse mit Spannung aufzuladen. Und erfreulich ist nicht zuletzt, dass die Macher*innen Ethans Liebe für einen Jungen nicht besonders betonen, sondern als Selbstverständlichkeit behandeln. Einen Kritikpunkt gibt es dennoch: Während sich Ethans Eltern mehrfach küssen dürfen, ist für ihn und Diazo nicht mehr als eine herzliche Umarmung drin. Disneys fehlender Mut ist umso bedauerlicher, wenn man die vielen homophoben Tiraden liest, die im Internet über „Strange World“ kursieren. Erschreckend, dass im Jahr 2023 eine schwule Figur in einem großen Familienfilm noch für Hass und Entrüstung sorgen kann. Eigentlich sollten wir schon viel weiter sein!

Christopher Diekhaus

Weitere Angaben

Filmtyp: Farbe

Streaming-Anbieter

Angaben beruhen auf Informationen zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (51. Woche 2022).