Single Drunk Female

Serienstart:
06.04.2022
Staffel:
1
Folgen:
10
Länge der Folgen:
22 bis 26 Minuten
Altersempfehlung:
Ab 14 Jahren
FSK-Freigabe:
Ab 12 Jahren
Regie:
Leslye Headland, Keith Powell, Travon Free
Darsteller:
Sofia Black-D'Elia (Sam), Ally Sheedy (Sams Ma), Rebecca Henderson (Olivia), Sasha Compère (Brit), Lily Mae Harrington (Felicia), Garrick Bernard (James), Jojo Brown (Mindy) u. a.
Genre:
Drama
Land:
USA, 2022

Bloß ein kleiner Ausrutscher! Das denkt sich Sam, als sie ihren Job bei einer New Yorker Medienfirma verliert und wieder zurück zu ihrer Ma ziehen muss. Dass es gar kein Ausrutscher war, sondern bloß die Spitze des Eisbergs, realisiert sie erst allmählich – denn Sam hat ein ernsthaftes Alkoholproblem. Die Serie „Single Drunk Female“ gibt einen facettenreichen Einblick in Sams aufwühlendes Leben mit und vor allem dann ohne Alkohol. Und bringt so auf humorvolle und angenehm unspektakuläre Weise ein Thema zum Vorschein, das weit verbreitet und zugleich an vielen Stellen nahezu unsichtbar ist.


Was in der Serie „Single Drunk Female“ passiert:


Ihr Leben nimmt eine harte Kehrtwende, als Sam betrunken auf der Arbeit ihren Chef verletzt, gefeuert wird und deshalb einen Entzug machen muss. Weil das teure Leben in New York jetzt nicht mehr drin ist, bleibt sie vorerst bei ihrer Ma in der langweiligen Vorstadtatmosphäre von Boston. Ist ja nur für kurze Zeit – schließlich hat sie das mit der Trinkerei jetzt wieder im Griff. Hat sie natürlich absolut gar nicht, zumal sie sich nun auch noch all den Dingen stellen muss, vor denen sie mit dem Trinken und dem Umzug nach New York davongelaufen ist: dem krankheitsbedingten Verlust ihres Dads, dem Verhältnis zwischen ihres Ex-Freunds Joel mit ihrer ehemals besten Freundin Brit, die inzwischen eifrig Hochzeitspläne schmieden, und und und. Außerdem wird ihr mehr und mehr bewusst, welche Wunden sie selbst mit ihrer rücksichtslosen Art hinterlassen hat, während sie sich bislang immer hatte einreden können, alles eben einfach etwas lockerer zu nehmen.

Doch die ungewollte Heimkehr hat auch viel Gutes: Mit den gerichtlich auferlegten Besuchen bei den Anonymen Alkoholiker*innen findet Sam Beistand und neue Freundschaften, sie lernt ihre alte Freundin Felicia auf ganz neue Weise kennen und schätzen. Sogar im stets schwierigen Verhältnis zu ihrer Ma gibt es Fortschritte, und auch die blinde Wut gegenüber Brit scheint etwas nachzulassen. Doch all das ist natürlich verbunden mit jeder Menge Katastrophen, wie sich das für Sam gehört.


Eine Comedy-Serie über Alkoholsucht?


Comedy-Serie? Steht zwar überall, das Label trifft es allerdings nicht so richtig. Denn trotz der zum Teil absurd-witzigen Stimmung gehen die Ereignisse in „Single Drunk Female“ stellenweise ganz schön unter die Haut. Im Netz sind die Meinungen allerdings nicht nur aufgrund falsch geschürter Erwartungen gespalten. Auch das Programm, das Sam durchläuft, wird von vielen als zu „soft“ und daher als unrealistisch eingestuft. Tatsächlich kann dieser Punkt aber auch als Stärke der Serie angesehen werden: Da hier alles eher unaufgeregt daherkommt und Sams Alkohol-Problem eben nicht mit Total-Krise und Obdachlosigkeit einhergeht, zeigt die Serie ein Gesicht von Alkoholismus, das wir in Filmen und Serien eher seltener zu sehen bekommen. Und genau das scheint dafür zu sorgen, dass andere widerum sehr gut an die Serie anknüpfen können. Weil sie ähnliche Erfahrungen gemacht oder mitbekommen haben. Und weil Sams Leben einfach näher an ihrer Realität dran ist.

In „Single Drunk Female“ geht es darüber hinaus auch vielmehr um Sams Lebenskrise – also um die eigentlichen Ursachen – als um die Trinkerei selbst. Trotzdem sind viele Hürden für trockene Alkoholiker*innen präsent: Da ist zum Beispiel Sams Mutter, die zwar die Probleme ihrer Tochter sieht, aber Alkoholismus nicht als ernsthaftes Problem anerkennt. Auf ihren allabendlichen Wein verzichten, nur weil Sam im Haus ist? Auf keinen Fall. Und Sam bekommt jede Menge wohlmeinende Aufbausprüche von Menschen zu hören, die einfach keine Ahnung haben. Und manchmal ist auch der ein oder andere „tolle“ Treffpunktvorschlag (Bar) dabei. Will heißen: Die Tragweite von Alkoholsucht wird hier also auch ohne beständige Überspitzung deutlich.


Was „Single Drunk Female“ besonders macht:


Neben der (größtenteils) angenehm unaufgeregten Darstellung sind es vor allem die kleinen Besonderheiten, die „Single Drunk Female“ so richtig schön machen. Etwa wenn Sam sich bei der Arbeit im Supermarkt einen Platz im Regal hinter den Frühstücksflocken freiräumt, um dort versteckt ein kleines Nickerchen zu machen – was einfach großartig aussieht. Oder wenn sie bei hrer ersten Rückkehr in eine Bar plötzlich feststellt, dass die klebrige Theke ganz schön eklig ist. Oder auch wenn in einem Rückblick sie und ihr Saufkumpan sich in den Drive-In stellen und versuchen, ein Auto zu imitieren, um doch noch in den Genuss von Burgern zu kommen. Es gibt eine ganze Menge solcher Szenen, die Sams Problematik spürbar machen und auf seltsame Weise näher in den Alltag rücken lassen. Davon ab ist der Personenkreis rund um Sam ziemlich cool und vielfältig – und auch hier gibt es so manche überraschende Wendung.


Unser Fazit zur ersten Staffel:


Lass dich vom Label „Komödie“ nicht täuschen und nimm dir etwas Zeit, um in die Welt von Sam einzutauchen. Dann erwartet dich nämlich ein chaotisch-schönes Drama, das wesentlich vielschichtiger ist, als es der erste Eindruck vermuten lässt. Mit all ihren kleinen Besonderheiten ist „Single Drunk Female“ ein absoluter Geheimtipp. Wir hoffen jedenfalls auf eine zweite Staffel.

Marius Hanke

Weitere Angaben

Filmtyp: Farbe

Streaming-Anbieter

Angaben beruhen auf Informationen zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (14. Woche 2022).