Rumspringa - Ein Amish in Berlin

Länge:
102 Minuten
Altersempfehlung:
Ab 14 Jahren
FSK-Freigabe:
keine Angabe
Regie:
Mira Thiel
Darsteller:
Jonas Holdenrieder (Jacob), Timur Bartels (Alf), Gizem Emre (Ina), Rauand Taleb (Bo), Tijan Marei (Freya) u. a.
Genre:
Komödie , Drama , Jugend
Land:
Deutschland, 2022

Auf Strom, Wasser, Autos und Handys verzichten? Für viele undenkbar, in einer Welt, in der ohne Technik nichts mehr geht. Genau das versuchen allerdings die Amischen, eine christliche Glaubensgemeinschaft, die ursprünglich aus dem süddeutschen und schweizerischen Raum stammt. Anfang des 18. Jahrhunderts setzte dort eine Auswanderungswelle in die Vereinigten Staaten ein, wo noch heute rund 300.000 Nachfahren in abgeschiedenen Siedlungen leben. In der deutschen Netflix-Komödie „Rumspringa – Ein Amish in Berlin“ dreht sich alles um eine amische Tradition, die Rumspringa-Phase: Die Zeit zwischen dem Schulende und dem freiwilligen Eintritt in die Gemeinde, in der junge Amische größere Freiheiten als üblich haben. Alkohol und Sex sind zum Beispiel nicht mehr verboten.


Worum es in „Rumspringa – Ein Amish in Berlin“ geht:


Jacob, der die Grenzen seiner Gemeinschaft im US-Bundesstaat Pennsylvania nie verlassen hat, will die Rumspringa-Zeit nutzen, um in Berlin seine Wurzeln zu erforschen und sich über seinen weiteren Weg klarzuwerden. Angekommen in Deutschland, kämpft er allerdings gleich mit dem modernen Großstadtalltag. Und nicht nur das: Auch sein Gepäck geht noch am Flughafen verloren. Hilfe erhofft er sich von einem jungen Mann namens Alf, der mit seinem ungewöhnlichen Bart wie ein Amisch-Mitglied aussieht. Doch weit gefehlt: Tatsächlich ist Alf ein Hipster ohne Plan für seine Zukunft. Einige Verwicklungen später findet Jacob vorübergehend Unterschlupf in Alfs WG und versucht, sich an seine neue Welt zu gewöhnen. Irgendwann klopft sogar die Liebe an die Tür.


Lohnt sich „Rumspringa – Ein Amish in Berlin“?


Mit der Metapher „Fish out of water“ werden im Filmgeschäft Werke bezeichnet, deren Held*innen sich in komplett ungewohnten sozialen Umgebungen zurechtfinden müssen. Erwartungsgemäß machen dabei Missverständnisse und Anpassungsprobleme einen bedeutenden Teil der Handlung aus. Auch „Rumspringa – Ein Amish in Berlin“ folgt diesem bewährten Erzählprinzip, nur leider oftmals auf eher plumpe Weise. Die krassen Gegensätze – hier der altmodisch gekleidete und sprechende Jacob, dort der lässige, seinen muskelösen Oberkörper zur Schau stellende Alf – nutzt die Culture-Clash-Komödie immer wieder für flache Witze und läuft ein ums andere Mal Gefahr, den Berlinbesucher lächerlich zu machen. Der im direkten Vergleich so andere Lebensstil der Amischen ist zwar regelmäßig Thema. Viel mehr als Stichworte liefert das Drehbuch jedoch nicht. Auch kritische Gedanken – etwa zum starren, männlich dominierten Geschlechterverhältnis innerhalb der Glaubensgemeinschaft – werden meistens in Windeseile abgehakt. Ähnliches gilt für die Momente, in denen der Netflix-Spaß die von Weltverbesserung redenden Großstadthipster*innen als sprunghaft darstellt. Wahrscheinlich kann man eine vielschichtige Auseinandersetzung von einem Unterhaltungsfilm wie diesem nicht erwarten. Als Ausgleich sollte er dann aber zumindest eine emotional packende Geschichte zu bieten haben. Zwar ist es grundsätzlich spannend, dass „Rumspringa – Ein Amish in Berlin“ mit Jacob und Alf zwei Menschen in den Blick nimmt, die verunsichert sind und nach ihrer eigenen Bestimmung suchen. Die Erkenntnisse der beiden Hauptfiguren und ihre Annäherung kommen allerdings nur deshalb zustande, weil es gegen Ende einige gewaltsam herbeikonstruierte Wendungen gibt. Auch wenn die Figuren in der zweiten Hälfte mehr Profil erhalten, kriegt der Film nicht mehr die Kurve hin zu einem aufregenden, ehrlich berührenden Abenteuer über Freundschaft und den richtigen Platz im Leben.

Christopher Diekhaus

Weitere Angaben

Filmtyp: Farbe

Streaming-Anbieter

Angaben beruhen auf Informationen zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (17. Woche 2022).