Riding in Darkness (Staffel 1)

Serienstart:
17.01.2023
Staffel:
1
Folgen:
8
Länge der Folgen:
43 Minuten
Altersempfehlung:
Ab 16 Jahren
FSK-Freigabe:
Ab 16 Jahren
Regie:
Molly Hartleb, Julia Lindström
Darsteller:
Saga Samuelsson (Molly), Jonas Karlsson (Tommy), Malin Persson (Lotta), Amanda Jansson (Frida), Anna Ardéhn (Victoria als junge Erwachsene) u. a.
Genre:
Drama , Thriller
Land:
Schweden, Deutschland, 2022

In Film und Fernsehen wird das Setting des Reiterhofs oft als idyllischer Sehnsuchtsort inszeniert. Ein Ort, der Freiheit atmet, an dem die liebevolle Beziehung zwischen Mensch und Tier im Mittelpunkt steht. Ganz anders erscheint er in der nicht zufällig bedrohlich klingenden Thriller-Serie „Riding in Darkness“, die auf den Erlebnissen Sophie Jahns mit ihrem tyrannischen und gewalttätigen Vater basiert.


Darum geht es in der Serie „Riding in Darkness“:


Juni, 1991: In der Schule läuft es für Molly mehr schlecht als recht und zu Hause schlägt sie sich mit einer überforderten Mutter herum, die nur ihren eigenen Bedürfnissen folgt. Um ihrem Leben eine neue Perspektive zu geben, nimmt die 16-Jährige einen Job als Stallmädchen auf dem Gestüt von Tommy an, dem sie schon früher in den Ferien unter die Arme gegriffen hat. Von nun an scheint sich alles zum Besseren zu wenden. Bei Reitwettbewerben fährt Molly einen Sieg nach dem anderen ein, gemeinsam mit ihrer Freundin Frida genießt sie die Arbeit mit den Pferden. Für etwas Stirnrunzeln sorgt anfangs lediglich der verbissene Ehrgeiz des Hofbesitzers, der den jungen Frauen während der Turniere Gespräche mit Konkurrentinnen untersagt. Als sich Molly, Frida und eine andere Angestellte abends entkleiden und von einem angetrunkenen Tommy massieren lassen sollen, macht sich jedoch erstes Unbehagen breit. Schnell wird klar: Gewalt und sexueller Missbrauch sind an diesem vermeintlich so schönen Ort an der Tagesordnung. Gezielt nutzt es Tommy aus, dass er Teenagerinnen aus schwierigen familiären Verhältnissen um sich schart, die sich nach Zuneigung und einer neuen Chance sehnen. Seine Ehefrau Lotta versucht, die Attacken zu überspielen. Selbst dann, wenn ihre kleinen Töchter Victoria und Agnes den Jähzorn ihres Vaters abgekommen.


Warum „Riding in Darkness“ verstört und gefangen nimmt:


Die schwedisch-deutsche Koproduktion beginnt mit einer klassischen Horrorfilmsituation: Molly ist geflohen, hockt im Wald und will sich von einer Autofahrerin in die nächste Stadt bringen lassen – landet aber wieder auf dem Hof. Anschließend springt die Serie in der Zeit ein Jahr zurück und enthüllt langsam das Grauen auf Tommys renommiertem Anwesen. „Riding in Darkness“ braucht keine gruseligen Kreaturen, um uns nachhaltig zu erschüttern, sondern erzählt von einem ganz realen Schrecken, von einem Monster namens Mensch. Ohne Hektik entspinnt sich die in oft helle, sonnendurchflutete Bilder getauchte Handlung. Und nie verfallen die Macher*innen in reißerischen Aktionismus, deuten die brutalen Angriffe meist nur an. Nichtsdestotrotz stellt sich in vielen Szenen eine geradezu schauerliche Intensität ein. Etwa während einer nächtlichen Reitstunde, bei der Tommy Molly massiv erniedrigt und in große Gefahr bringt. Dass es zahlreiche Gänsehautmomente gibt, liegt auch und vor allem an der wahrlich furchteinflößenden Präsenz Jonas Karlssons. Überzeugend verleiht der Darsteller dem angesehenen Gutsbesitzer eine eloquent-charmante Seite. Binnen Sekunden kann er allerdings in den Psychopathen-Modus schalten.

Was die Serie überdies zu einem packenden, im positiven Sinne unbequemen Erlebnis macht: Immer wieder nimmt sie verschiedene Blickwinkel ein und arbeitet auf eindringliche Weise heraus, warum Menschen, die Missbrauch erfahren haben, häufig zögern, sich zu offenbaren. Schmutzkampagnen, schiefe Blicke, Zweifel und ein Prozess, bei dem alle Details noch einmal ans Licht gezerrt werden, belasten Betroffene ungemein. Wie wichtig Personen sind, die genauer hinsehen, Auffälligkeiten hinterfragen und wirklich zuhören, wird am Beispiel der Figur Katarina deutlich. Sie, deren Tochter zwar nicht auf dem Hof lebt, dort jedoch reitet, steht Molly bei, als sie Tommy anzeigen will. Spannend ist auch Fridas Reaktion. Obwohl sie selbst regelmäßig missbraucht wurde, schaut sie zu ihrem Peiniger weiterhin auf, lässt sich von ihm manipulieren, diskreditiert Molly und die anderen. Parallel spürt man bei einem Blick auf das Gesicht Amanda Janssons allerdings, dass das Erlebte Frida sehr stark aufwühlt. Größere Aufmerksamkeit bekommen außerdem Lotta, Mittäterin und Betrofene gleichermaßen, und eine erwachsene Victoria, die einer Polizistin in der Rückschau von Ausrastern ihres Vaters berichtet. Aus den unterschiedlichen Perspektiven ergibt sich ein Bild, das den Themenkomplex Machtmissbrauch und sexuelle Gewalt facettenreicher als üblich aufbereitet. Auch wenn „Riding in Darkness“ keine leichte Kost ist, lohnt es sich also, in den Abgrund zu schauen.

Christopher Diekhaus

Weitere Angaben

Filmtyp: Farbe

Streaming-Anbieter

Angaben beruhen auf Informationen zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (3. Woche 2023).