Patrick

Länge:
103 Minuten
Altersempfehlung:
Ab 16 Jahren
FSK-Freigabe:
keine Angabe
Kinostart:
15.07.2021
Regie:
Gonçalo Waddington
Darsteller:
Hugo Fernandes (Patrick/Mário), Alba Baptista (Marta), Teresa Sobra (Laura), Carla Maciel (Helena), Miguel Herz-Kestranek (Mark)
Genre:
Drama , Jugend
Land:
Portugal, Deutschland , 2019

Patrick (Hugo Fernandes) ist 20 Jahre alt und verlebt sein Leben in Paris auf wilden Partys, wo er sich Ecstasy einwirft, in Schlägereien verwickelt ist und andere dubiose Dinge treibt. Zum Beispiel schläft er mit betrunkenen Frauen, filmt sie dabei und stellt die Videos nachher online. Das sind ziemlich schwerwiegende Vergehen, für die der Film andeutungsweise eine psychologische Erklärung in Patricks schwieriger Vergangenheit sucht: Denn als Patrick nach einer ungezügelten Abrissparty in der Luxuswohnung seines Freundes von der Polizei festgenommen und verhört wird, stellt sich heraus, dass Patrick gar nicht Patrick heißt, sondern Mário – und Mário wurde mit gerade mal 8 Jahren aus seiner Heimat Portugal entführt. Anstatt daraufhin als Täter behandelt zu werden, wird er mit Aussicht auf Strafmilderung nach Hause gebracht.

Seit seinem Verschwinden vor 12 Jahren hat sich allerdings einiges verändert… Patrick wird von seiner Mutter empfangen, die nun ein karges Leben in Abgeschiedenheit fristet. Als er tatsächlich wieder vor ihr steht, kann sie die Wiederkunft des totgeglaubten Sohnes kaum realisieren und fremdelt mit dem jungen schweigsamen Erwachsenen, über dessen kriminelle Verwicklungen sie freilich informiert wurde. Als seine Tante mit der etwa gleichaltrigen Cousine Marta zu Besuch kommt, findet Patrick in Letzterer eine Gefährtin, mit der er fortan Streifzüge durch das verwahrloste Dorf, die Natur und andere Orte seiner Kindheit unternimmt. Kann er mit ihrer Hilfe wieder einen Draht zur Normalität knüpfen?

Gewalt erzeugt neue Gewalt. So oder so ähnlich ließe sich die unterschwellige Formel herunterbrechen, aus der Regisseur Gonçalo Waddington das problematische Verhalten des Protagonisten ableitet. Das wirkt etwas einfach, was unter anderem daran liegt, dass er den eigentlich spannenden und ambiguen Part weitestgehend ausklammert: Denn Patrick unterhält noch sporadischen Kontakt zu seinem Entführer. Das deutet sich etwa beim Polizeiverhör an, wo er stur dessen Identität deckt. In Momenten der Verzweiflung ruft er ihn sogar an, wird aber abgewimmelt. Diese Zurückweisungen scheinen auch ursächlich für Patricks seltsamen Depilations-Zwang zu sein, denn er entfernt sich regelmäßig alle Körperhaare, um möglichst „kindlich“ zu wirken. Im Umkehrschluss wird dadurch nahegelegt, dass er sich um die verlorene Gunst seines Entführers bemüht. Ebendiese widersprüchlichen Verhaltensmuster und Gefühle scheinen wiederum auf eine Form des pädophilen Missbrauchs (Grooming) zurückführbar, bei der sich Erwachsene schrittweise das Vertrauen ihrer minderjährigen Opfer erschleichen und nachhaltig in deren Psyche zecken. Anstatt aber dieser Spur zu folgen, verlagert der etwas dröge vor sich hinplätschernde Film seine Aufmerksamkeit lieber auf die schwierige Widerannäherung der Familie und verwebt diese mit befremdlich romantischen Untertönen zwischen Cousin und Cousine. Wirkliche Einblicke hinter die durchgehend mürrisch zur Schau getragene Maske des Protagonisten werden hingegen kaum gewährt, weshalb die Anteilnahme an seinem Schicksal entsprechend mager ausfällt.

Nathanael Brohammer

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