Körper und Seele

Länge:
111 Minuten (Blu-ray: 116 Minuten)
Altersempfehlung:
Ab 14 Jahren
FSK-Freigabe:
Ab 12 Jahren
Kinostart:
21.09.2017
Regie:
Ildikó Enyedi
Darsteller:
Alexandra Borbély (Maria), Géza Morcsányi (Endre), Réka Tenki (Klára), Zoltán Schneider (Jenö), Ervin Nagy (Sándor). Itala Békés (Zsóka, die Putzfrau) u. a.
Genre:
Drama , Love Story
Land:
Ungarn, 2016

Endre, der leicht körperbehinderte und schon etwas ältere Leiter eines Schlachthofs, hat das Kapitel Frauen nach vielen Enttäuschungen längst abgeschlossen. Das ändert sich mit der neuen Qualitätskontrolleurin Maria. Eine junge Frau, die unnahbar erscheint, unter einem starken Ordnungszwang leidet und große Probleme mit Nähe oder gar Berührungen hat. Bei der Aufklärung eines dubiosen Diebstahls von Potenzmitteln für Stiere durch eine hinzugezogene Psychologin entdecken Endre und Maria zufällig, dass sie jede Nacht das Gleiche träumen. In einem tiefverschneiten Wald begegnen sich ein Hirsch und eine Hirschkuh, die im Einklang mit der Natur in inniger Harmonie einander zugetan sind. Die Seelenverwandtschaft zwischen den beiden sehr zurückgezogen lebenden Menschen lässt sich mit mehreren gemeinsamen Tests unter Beweis stellen, was eine Annäherung im wirklichen Leben aber keineswegs leichter macht. Sogar die Ratschläge des alten Kinderpsychologen von Maria, ihre Widerstände aufzugeben und sich zu öffnen, helfen ihr nicht weiter, denn auch Endre zeigt sich den Herausforderungen offenbar nicht gewachsen … Die Filmemacherin Ildikó Enyedi, die sich in ihrer Figur Maria verkörpert sieht, erzählt mit viel Feingefühl, lakonischem Humor und in eindrucksvollen Bildern jenseits von Romantik oder gar Esoterik diese leise Liebesgeschichte zweier ungleicher Menschen, die dennoch füreinander geschaffen sind. Den Bildern eines von Menschenhand unberührten Naturzustands setzt sie in der ersten Hälfte des Films den durchorganisierten Tötungsvorgang der Tiere im Schlachthof als Spiegel der westlichen Gesellschaft entgegen, wobei Mensch und Tier auf unterschiedliche Weise zum Objekt werden. Die für sensible Menschen gewöhnungsbedürftigen Bilder aus einem realen Schlachthofbetrieb wurden rein dokumentarisch gedreht, in den Ablauf daher auch nicht für die Zwecke des Films eingegriffen. Auf diese Weise reflektiert der Film das Verhältnis zwischen Mensch und Tier, das industrielle Töten von Tieren und den vom lebenden Tier abstrahierten Fleischkonsum der westlichen Gesellschaft. Beispielsweise wird das Klischee des gefühlskalten Metzgers, der kein Mitgefühl für die Tiere haben darf, wiederholt infrage gestellt. Letztlich wird der Schlachthof aber zu einem symbolhaften Ort, an dem sich eine „mythische Beziehung“ (Enyedi) entwickelt. Getragen vom intensiven Spiel der beiden Hauptdarsteller bewegt und fasziniert der Film von der ersten bis zur letzten Minute. Mit ihrem Berlinale-Gewinnerfilm 2017, den man zu den aktuellen großen Werken der Filmkunst zählen darf, stellt Ildikó Enyedi („Mein 20. Jahrhundert“) unter Beweis, dass das heutige ungarische Filmschaffen wieder an seine Traditionen anzuknüpfen weiß und ergreifende individuelle Geschichten mit sparsamen Worten und einer kunstvollen Bildsprache erzählen kann.

DVD Extras: Interview, Trailer

Blu-ray Extras: Interview, Trailer

Holger Twele

Weitere Angaben

Filmtyp: Farbe

Sprachen: Deutsch, Ungarisch

Untertitel: Deutsch

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Angaben beruhen auf Informationen zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (4. Woche 2018).