Oh Hell

Darum geht es in der Serie „Oh Hell“:
Helene, genannt „Hell“, hat ihr Jura-Examen in der Tasche - glaubt ihr Vater. Eigentlich könnte er es besser wissen: Seine Tochter ist unübertroffen darin, Chaos zu verbreiten, niemals den vorgesehenen Weg zu gehen und sich mit verblüffenden Argumenten aus allem herauszureden, was sie sich einbrockt. Statt zu studieren hat die 24-jährige diverse Jobs begonnen und (unfreiwillig) geschmissen, zuletzt den im Kindergarten. Dabei versteht sie sich mit Kindern prima, die sind nicht eingefahren, haben Phantasie und einen knallharten Humor. Mit Kindern kann Hell besser reden als mit ihrer eigentlich besten Freundin Maike – einer Influencerin, die in einer perfekten Welt lebt. (Kinderfrage: „Was ist eine Influencerin?“ Hells Antwort „Eine schwere Störung“.) Trotz aller Turbulenzen fühlt sich Hell allein und träumt unter anderem von einer Beziehung. Der Cello-Lehrer Oskar ist der Auserwählte, noch bevor Hell ihn kennengelernt hat. Nun fragt sie sich, wie sie trotz ihrer gesammelten Merkwürdigkeiten (oder besser mit ihnen) Oskar von sich überzeugt. Und natürlich steht ihr bevor, ihrem Vater die Wahrheit zu sagen. Vielleicht.
Wer kann über die erste Staffel lachen?
Um Spaß an „Oh Hell“ zu haben, sollte man nicht zu viel Wert auf eine Story legen. Die acht Episoden von Autor Johannes Boss sind jede für sich ein Spurt durch Sprüche, Gags, Rückblenden, peinlichste Situationen, Tagträume und abrupte Themenwechsel. Das geht unglaublich schnell, die Dialoge, die Szenenwechsel – staunen, lachen und weiter. Die Geschwindigkeit trägt zum Glück auch über Passagen, die eher zum Stöhnen als zum Lachen sind. Bei der Menge an Ideen muss nicht jede sitzen. Im Zentrum steht immer die Frage, wie man als seltsame, als sehr seltsame Person (Hell: „Seltsam im Sinne von mysteriös?“ - Oskar: „Nee, seltsam im Sinne von seltsam.“) durch's Leben kommt. Oder vielleicht eher, ob die vermeintlich „Normalen“ wirklich „normal“ sind. „Irre! Wir behandeln die Falschen“, behauptet der Psychiater Manfred Lütz in seinem Sachbuch – und Hell würde ihm vermutlich im Einklang mit dem Publikum recht geben. Mala Emde in der Rolle der Hell ist eine wunderbare Schauspielerin, die der Geschwindigkeit des Drehbuchs mehr als gewachsen ist. Sie plumpst nicht in die Lücken der Story, sondern hält als Sympathieträgerin durch.
„Oh Hell“ – Anschauen oder lieber nicht?
Super Serie für Comedy-Fans, die sich nicht vorm Fremdschämen fürchten und die Spaß an abgedrehten Gags und einer ausgefallenen Hauptfigur haben.
Albert Schwarzer