Nackte Tiere

Länge:
83 Minuten
Altersempfehlung:
Ab 14 Jahren
FSK-Freigabe:
Ab 12 Jahren
Kinostart:
17.09.2020
Regie:
Melanie Waelde
Darsteller:
Marie Tragousti (Katja), Sammy Scheuritzel (Sascha), Michelangelo Fortuzzi (Benni), Luna Schaller (Laila), Paul Michael Stiehler (Schöller)
Genre:
Drama , Jugend
Land:
Deutschland, 2019

Katja, Sascha, Benni, Laila und Schöller stehen in der Provinz kurz vor dem Abitur. Der Führerschein bedeutet Freiheit, die Eltern spielen keine Rolle und so sind sich die fünf gegenseitig so etwas wie Familie. Zusammen verbringen sie den letzten Winter miteinander. Was danach kommt, ist für sie nicht klar. Bleibt man oder geht? Katja ist 17, betreibt genauso wie Sascha Jiu-Jitsu, trainiert eine Kindermannschaft und scheut körperliche Auseinandersetzungen nicht. Sie scheint es zu brauchen, sich zu spüren, plant, zur Bundeswehr zu gehen - vielleicht um Grenzen gesetzt zu bekommen. Mit den anderen passt sie auf Benni auf, der sich allein in einer Wohnung einigelt, die Nähe der Gruppe braucht, sich aber auch immer wieder entzieht.

Die letzte gemeinsame Zeit vor dem Abitur ist besonders und wird in Geschichten gern magisch aufgeladen. „Nackte Tiere“ ist wie ein Gegenentwurf dazu. Hier gibt es keinen letzten gemeinsamen Sommer, sondern trüben Winter. Und der ist in der kargen Provinz wenig romantisch. In ihrem Debüt erzählt die junge Filmemacherin Melanie Waelde keine große Geschichte mit klarer Handlung sondern zeigt das Miteinander einer Gruppe Jugendlicher zwischen Anziehung und Abstoßung, zwischen Verletzlichkeit und Aufbegehren, zwischen "Ist mir doch alles egal"-Haltung und Verunsicherung, wo es mit einem hingehen soll.

Mit einem genauen Blick für Situationen und Stimmungen schaut Waelde auf ihre Protagonisten und beherrscht vor allem die Kunst, nicht alles auszusprechen und zuviel zu erklären. Warum genau die Gruppe auf Benni aufpasst, bleibt unklar. Was mit den Eltern ist, ebenso. Aber es ist auch nicht wichtig. Waelde lässt die Fünf ihre Dinge in präzisen knappen Dialogen aushandeln. Im annähernd quadratischen 6:5-Format gefilmt sind die Figuren zudem gezwungen, dicht aufeinanderzuprallen. Eindrucksvoll ist vor allem Marie Tragousti als Katja, die kraftvoll,  ungebremst und ungebunden durchs Leben zu gehen scheint, doch zugleich immer wieder Kontakt und Auseinandersetzung mit den anderen sucht. Michelangelo Fortuzzi („Druck“) in seiner weichen Verletzlichkeit ist ein starker Gegenpart. "Du rennst vor Sachen weg. Ich geh' erst gar nicht hin", sagt er ihr einmal. Das so raue, im Kern dann doch zärtliche Miteinander der Gruppe klingt nach und macht „Nackte Tiere“ so berührend wie sehenswert. Und es macht neugierig darauf, was man von Melanie Waelde noch zu sehen bekommen wird.

Kirsten Loose

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