Moxie. Zeit, zurückzuschlagen

Länge:
111 Minuten
Altersempfehlung:
Ab 14 Jahren
FSK-Freigabe:
Ab 12 Jahren
Regie:
Amy Poehler
Darsteller:
Hadley Robinson (Vivian), Lauren Tsai (Claudia), Alycia Pascual-Peña (Lucy), Patrick Schwarzenegger (Mitchell Wilson), Nico Hiraga (Seth)
Genre:
Drama , Komödie , Literaturverfilmung
Land:
USA, 2021

Erst Ende 2020 setzte Netflix mit der stargespickten Musicalverfilmung „The Prom“ ein Zeichen für Offenheit und Vielfalt. Um ihr angekratztes Image aufzupolieren, fassen in der schwungvollen, aber durchschaubar konstruierten Tragikomödie vier selbstverliebte Bühnendarsteller*innen den Plan, einer lesbischen, an ihrer Schule diskriminierten Teenagerin zu helfen, und gewinnen dadurch langsam etwas Bodenhaftung zurück. Unterdrückungs- und Erniedrigungsmechanismen im Highschool-Alltag nimmt auch die ebenfalls auf der Streaming-Plattform startende Romanadaption „Moxie. Zeit, zurückzuschlagen“ ins Visier. Konkret geht es hier um den Sexismus und die Ungleichbehandlung, denen junge Frauen ständig ausgesetzt sind.

Die 16-jährige Vivian besucht die 11. Klasse. Mit ihrer besten Freundin Claudia tauscht sie sich zwar, wie alle anderen, über die heißesten Gerüchte aus. In den Mittelpunkt zu treten oder ihre Stimme zu erheben, käme ihr allerdings nicht in den Sinn. Wenig verwunderlich gibt sie ihrer neuen Mitschülerin Lucy, die von der Sportskanone Mitchell Wilson bedrängt wird, daher den Ratschlag, dem Bully einfach aus dem Weg zu gehen. Kurz nach diesem Gespräch kramt Vivian einen alten Koffer ihrer Mutter hervor, die in ihrer Jugendzeit das Patriarchat leidenschaftlich bekämpft hat. Die Flyer und Materialien, auf die Vivian stößt, bleiben nicht ohne Wirkung. Schon bald erkennt sie, dass an ihrer Highschool ein vor allem für Frauen toxisches Klima herrscht. In ihrer ersten Verärgerung über die untragbaren Zustände – der radikale Sinneswandel erscheint etwas behauptet – schreibt und gestaltet sie ein feministisches Magazin namens „Moxie“ und legt es heimlich auf der Mädchentoilette aus. Während das Heft und dessen rebellischer Geist schnell auf fruchtbaren Boden fallen und eine Bewegung lostreten, fragen sich alle, wer hinter dem aufrührerischen Blatt stecken könnte. Die Wahrheit erfährt zunächst lediglich Vivians sympathischer Klassenkamerad Seth, mit dem sie sich immer besser zu verstehen beginnt.

Wie ist es möglich, dass die Direktorin Lucys Belästigungsvorwürfe kleinredet? Warum gibt es Listen, auf denen Schülerinnen nach ihrem Aussehen beurteilt werden und beleidigende Bezeichnungen verpasst bekommen? Weshalb sollen für kurvige Teenagerinnen andere Kleidungsregeln gelten? Und aus welchem Grund wird die Footballmannschaft der Jungs hofiert, während das Fußballteam der Mädchen wenig Beachtung findet? Zusammen mit ihren durch das Magazin ermunterten Mitstreiterinnen deckt Vivian zahlreiche Schikanen und Missstände auf.

„Moxie. Zeit, zurückzuschlagen“ konfrontiert uns mit Problemen und Ungerechtigkeiten, die selbst heute, im Jahr 2021, noch immer weit verbreitet sind. Dass der Film Diskriminierung und missbräuchliche Strukturen sichtbar machen und zu einem Umdenken beitragen will, ist lobenswert und dringend notwendig. Als ermüdend entpuppt sich jedoch die Art und Weise, wie Regisseurin Amy Poehler und das Autorinnengespann Tamara Chestna und Dylan Meyer auf Basis von Jennifer Mathieus Buchvorlage ihr Anliegen vermitteln. Gewiss braucht eine Revolution markige Parolen. Zuweilen hat man aber das Gefühl, die Handlung bestehe aus einer einzigen Schlagwortaneinanderreihung. Viele Kritikpunkte werden im Dialog derart explizit ausbuchstabiert, dass man sich fast wie in einem Lehrfilm vorkommt. Im Hintergrund schwingt ständig der erhobene Zeigefinger mit. Gleichzeitig wird eine enthüllte Vergewaltigung gegen Ende hastig als simples Plot-Element eingebaut, ohne den traumatischen Charakter einer solchen Erfahrung zu berücksichtigen. „Moxie. Zeit, zurückzuschlagen“ hat fraglos gute Absichten und dockt an hochaktuelle Diskussionen an, tut sich mit der Holzhammertaktik aber keinen Gefallen. Dass man wichtige, im Mainstream lange vernachlässigte Themen auch weniger plakativ transportieren kann, beweist etwa „Love, Simon“ – eine schwule Liebesgeschichte, die ebenfalls von den Fallstricken des Highschool-Alltags erzählt.

Christopher Diekhaus

Weitere Angaben

Filmtyp: Farbe

Streaming-Anbieter

Angaben beruhen auf Informationen zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (9. Woche 2021).