Mein Praktikum in Kanada

Steve Guibord ist Abgeordneter im Nordwesten von Quebec. In seinem ganz normalen Alltag kümmert er sich um die Landfrauen, den LKW-Fahrer-Streik, den Protest gegen das Abholzen der Wälder. Er will es allen recht machen und sitzt doch zwischen allen Stühlen, denn auch die Forst- und Minenindustrie will ihn für ihre Interessen einspannen. Vorübergehend hat er einen Praktikanten aus Haiti an seiner Seite: Der junge Politologe Souverain Pascal möchte erleben, wie die Politik funktioniert. Und er kommt gerade zum richtigen Zeitpunkt, denn Guibord wird in einer entscheidenden Debatte zum Zünglein an der Waage. Es geht immerhin um die Entsendung von kanadischen Soldaten in den Nahen Osten und im Parlament herrscht ein Patt…

Der Regisseur Philippe Falardeau sorgte gleich mit seinen ersten Filmen für Aufsehen. Seine ungewöhnliche Kindheitsgeschichte „Ich schwör's, ich war's nicht!“ war seinerzeit ein Insidertipp bei der Berlinale und mit seinem Schuldrama „Monsieur Lazhar“ konnte er eine Oscarnominierung verbuchen. Es folgte das Culture-Clash-Flüchtlingsdrama „The Good Lie – Der Preis der Freiheit“. Und auch im aktuellen Politfilm geht es um die Begegnung unterschiedlicher Kulturen, aber auch um gelebte Demokratie als Gradwanderung zwischen Lobbyisten und Wählerbasis. Das klingt nach anspruchsvoller Unterhaltung. Und die ist tatsächlich weitgehend gelungen in dieser Politsatire. So ambitioniert wie aktuell der Praktikant hatte auch Guibord mal seine politische Karriere begonnen und musste bald einsehen, dass man in der Politik (allzu) viele Kompromisse schließen muss. Sich selbst und seinen Idealen dabei noch treu zu bleiben, scheint zumindest extrem schwer. Dass der Film das immer auf leichte Weise präsentiert, ist zweifellos der Vorzug der Politkomödie, die auf unterhaltsame Weise zur Diskussion einlädt.

Gabi Brandt