Matangi / Maya / M.I.A

Prädikat wertvoll
Länge:
100 Minuten
Altersempfehlung:
Ab 16 Jahren
FSK-Freigabe:
Ab 16 Jahren
Kinostart:
22.11.2018
Regie:
Stephen Loveridge
Darsteller:
M.I.A.
Genre:
Dokumentation
Land:
Großbritannien/USA/CL, 2018

Die beiden kennen sich aus der Kunsthochschule in London. Mathangi, die sri-lankische Immigranten-Tochter eines Widerstandskämpfers, und Steve. Sie hat über Jahrzehnte mit einer Handkamera ihren Werdegang gefilmt – ohne genau zu wissen, wohin es einmal geht. Er hat über Jahre ihr Videomaterial archiviert und geschnitten – ohne zu wissen, was daraus irgendwann wird. Sie ist berühmt geworden, als Sängerin M.I.A. und kontroverse Künstlerin, zensiert, verklagt und missverstanden. Steve Loveridge liefert nun einen Film ab, der in 97 Minuten das Portrait seiner ehemaligen Kommilitonin und heute so streitbaren Künstlerin zeichnet, mit klaren Linien, scharfen Kanten, ohne alles auszumalen – und doch: In „Matangi/Maya/M.I.A.“ sehen wir ein Bild, das im Medienstrudel nur allzu oft in Verzerrung verloren geht.
Vorweg: M.I.A. hat die finale Schnittfassung des Films nach eigenen Angaben vor der Premiere auf dem Sundance Film Festival 2018 selbst nicht gesehen und war überrascht, wie wenig Musik darin vorkommt. „All das coole Zeug“ habe Steve rausgeschnitten, sagt sie im Interview und klingt fast beleidigt.

Tatsächlich: „Matangi/Maya/M.I.A.“ ist weniger ein Film über den ruhmreichen Aufstieg eines Popstars, wie man die Geschichte locker hätte erzählen können. Immer mal wieder kommen Momente und Szenen, da man den Durchbruch erwartet, nach dem Motto „Oh, jetzt geht’s los!“. Doch statt dem Durchbruch kommt der harte Schnitt zurück in den Bürgerkrieg, der bis 2009 in Mathangis Heimat tobte. Denn vielmehr als vom Fame handelt es sich hier um das Biopic eines geflohenen Mädchens, das von Kindesbeinen auf der Suche nach Wurzeln und Werten ist. Sie habe Dokumentarfilmerin werden wollen, erzählt M.I.A. in diesem Film. Das Footage lässt keinen Zweifel daran: gewissenhaft und geistreich hat sie ihre Lebensstationen auf dem Weg von jenem Mädchen hin zu einer Frau mit klaren Vorstellungen gefilmt und kommentiert. Insofern ist „Matangi/Maya/M.I.A.“ im wahrsten Sinne „keine gewöhnliche Pop-Doku“ erstmal ein Slogan, den sich ungefähr jede noch so gewöhnliche Pop-Doku aufdrückt. Doch wann hat man schon diese Mischung an Gegebenheiten: Ein Kind aus einem Krisenland wird, mit einer Kamera in der Hand und im Spagat zwischen den Kulturen, zur preisgekrönten Künstlerin, die auf Krawall gebürstet bleibt. Alle Versuche, M.I.A. für den Mainstream zu glätten oder zu disqualifizieren werden in diesem Film wie unter einem Brennglas erfasst.

Das sind aufwühlende Eindrücke, in denen Steve Loveridge in aller Deutlichkeit zeigt, wie eine Musikerin mit einer Message mundtot gemacht wird von einem Medienzirkus, den man selbst nur allzu gut kennt. Als gut unterhaltener Zuschauer. In „Matangi/Maya/M.I.A.“ geht es darum, wie Aufmerksamkeit gelenkt und zuweilen abgeschottet werden soll und um eine Frau, die wütend und wortstark dagegen angeht. Absolut sehenswert, diese Doku. Je nach Schnittfassung ist sie erst ab 18 Jahren freigegeben, denn es kommen drastische Bilder darin vor, Bilder von Kriegsverbrechen in Sri Lanka und Gewalt gegen Kinder. Im Kontext dessen, worauf Steve Loveridge hier den Fokus richtet – eben das Ausblenden grausamer Vorgänge, auf die Künstler durch ihre Popularität hinweisen wollen – sollten auch ältere Jugendliche diesen Film sehen dürfen. Sie kennen ähnliche Bilder aus deutschen Geschichtsbüchern. Es lohnt sich, die Doppelmoral einer Gesellschaft vor Augen geführt zu bekommen, die sich über einen Mittelfinger zur besten Sendezeit maßlos empören kann (ein entsprechender Gerichtsprozess hat M.I.A. vier Jahre lang verfolgt), aber den Blick abwendet von eben jenen grausamen Bildern, die doch durch Ignoranz nicht verschwinden, wie besagte Geschichtsbücher lehren.

Weitere Angaben

Filmtyp: Farbe

Sprachen: Englisch

Untertitel: Deutsch

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Angaben beruhen auf Informationen zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (13. Woche 2019).