Legend of Tarzan

Nur wenige literarische Figuren kommen auf ähnlich viele Kinoauftritte wie der von Edgar Rice Burroughs entworfene Dschungelheld Tarzan, der 1918 erstmals auf der großen Leinwand zu sehen war. Knapp 100 Jahre später versucht sich „Harry Potter“-Spezialist David Yates an einer Neuinterpretation, die Elemente der Ursprungsgeschichte mit Geschehnissen während der belgischen Kolonialherrschaft im Kongo verknüpft: Ende des 19. Jahrhunderts lebt der frühere Urwaldbewohner Tarzan unter seinem Geburtsnamen John Clayton III. gemeinsam mit seiner Ehefrau Jane in einem herrschaftlichen Anwesen in England. Mit seiner Vergangenheit im zentralafrikanischen Dschungel hat er längst abgeschlossen, doch eines Tages sucht sie ihn mit aller Macht heim. Der belgische König Leopold II. lädt John zu einem Besuch in den Kongo ein, was dieser zunächst dankend ablehnt. Als ihm der US-Diplomat George Washington Williams allerdings von einer möglichen Versklavung der Zivilbevölkerung erzählt und seine Gattin auf eine Rückkehr in die alte Heimat drängt, lässt sich Lord Clayton schließlich erweichen. Zusammen mit Jane und dem amerikanischen Gesandten macht er sich auf den Weg nach Afrika, wo ihn bereits Leopolds Handlanger Léon Rom erwartet. Ein verschlagener Geselle, der kurz nach der Ankunft Johns Ehefrau entführen lässt.

In Zeiten, da viele Hollywood-Studios einen Superheldenfilm nach dem nächsten aus dem Boden stampfen, muss es nicht verwundern, dass auch Tarzan als überlebensgroßer Action-Heroe in Szene gesetzt wird. Prächtige Dschungelpanoramen bilden den Hintergrund für ein rasantes, zuweilen halsbrecherisches Katz-und-Maus-Spiel, das nicht allzu komplex und überraschend ausfällt. Christoph Waltz („Spectre“, „Inglourious Basterds“) gibt einmal mehr den kultiviert-skrupellosen Bösewicht, während Alexander Skarsgård („The Diary of a Teenage Girl“, „Hüter der Erinnerung – The Giver“) in mitreißend choreografierten Jagd- und Kampfsequenzen seinen gestählten Körper zur Schau stellen darf. Tarzans Gattin Jane gestehen die Macher etwas mehr Eigenständigkeit zu, als man es aus den Burroughs-Vorlagen gewöhnt ist. Auf Augenhöhe bewegen sich die beiden allerdings nicht. Gefühlig wird es immer dann, wenn Yates über Rückblenden wichtige Stationen der ursprünglichen Tarzan-Erzählung in die Handlung einbettet, wobei der Film manchmal übertrieben pathetische Töne anschlägt. Oberflächlich betrachtet könnte man den optisch berauschenden Action-Blockbuster einfach als solide-anspruchslose Popcorn-Unterhaltung verbuchen. Für einen bitteren Beigeschmack sorgt jedoch seine heuchlerische politische Agenda. Anders als die Romane und viele frühere Adaptionen gibt sich die Tarzan-Neuauflage betont antikolonialistisch, hantiert in Wahrheit aber immer wieder mit alten Klischees und Vorurteilen herum. An der Seite des Protagonisten steht mit dem real existierenden George Washington Williams zwar ein Schwarzer, der vehement Kritik an der Sklaverei und der brutalen Herrschaft der belgischen Kolonialherren übt. Nichtsdestotrotz zementiert der Film, wie man es aus unreflektierten Hollywood-Abenteuerstreifen kennt, die Überlegenheit des weißen Mannes. Afrikanische Figuren werden zu Stichwortgebern und Statisten degradiert und größtenteils als hilflose Opfer dargestellt, deren Leid erst durch Tarzans Einschreiten ein Ende findet. Ein höchst fragwürdiger Ansatz, nicht zuletzt mit Blick auf die nach wie vor gärende Rassenproblematik in den USA.

Blu-ray-Bildformat:1:2,40/1080p
Ton:Dolby Atmos
Sprachen: Deutsch Dolby Atmos/Englisch Dolby Atmos
Untertitel: Dt. f. Hörg./Engl. f. Hörg.

Blu-ray Extras: Featurettes

Christopher Diekhaus