L'Amour Du Monde – Sehnsucht nach der Welt

Worum geht es in „L'Amour Du Monde“?

Um es gleich vorwegzunehmen: Rein äußerlich passiert im Film nicht allzu viel. Innerlich dagegen brodelt es an Gefühlen und unerfüllten Sehnsüchten. Margaux ist 15 Jahre alt und verbringt ihren Sommerurlaub am Genfer See mit einem Praktikum in einem Kinderheim. Nur fünf Kinder sind dort in den Ferien verblieben, da sie wie die 7-jährige Juliette niemanden haben, der sie zu sich holen würde. Auch Margaux struggelt mit ihrer Familiensituation. Die Mutter ist weit weg in einem fernen Land, der Vater lebt mit seiner Tochter vorübergehend im Hotel und hat bereits eine neue Freundin. Ähnliche Verlusterfahrungen verbinden und schaffen eine Vertrautheit zwischen Margaux und Juliette. Doch als Margaux ihre Aufsichtspflichten bei einem unerlaubten Spaziergang verletzt und Juliette nur durch das Eingreifen des Fischers Joël vor dem Ertrinken gerettet wird, entwickelt sich eine zarte familiäre Dreierbeziehung. Margaux fühlt sich von Joël, der gerade aus Indonesien zurückgekommen ist, besonders angezogen.

Für wen ist das Drama besonders empfehlenswert?

Einige werden sich bei diesem Film gelangweilt fühlen, vor allem, weil er so ruhig und mit nur wenigen Dialogsätzen erzählt ist und eher durch ruhige Bilder, Metaphern und sanfte Gitarrenmusik als durch actionreiche Handlung und Spannung wirkt. Selbst die Rettung von Juliette und die jeweiligen Reaktionen der Heimleitung darauf, dass Margaux in ihrer Aufsichtspflicht unaufmerksam war, werden nicht dramatisiert und bloß beiläufig erzählt. Andere werden von dem Film, der so komplett anders inszeniert ist als das, was gängige Sehgewohnheiten erwarten lassen, und zudem mit einem offenen Ende aufwartet, hellauf begeistert sein. Das gilt vor allem dann, wenn sie bereit sind, sich auf die Gefühlswelt insbesondere der beiden Mädchen einzulassen, die mit neuen Rollen- und Verhaltensmustern experimentieren. Bei ähnlichen Verlusterfahrungen, unerfüllten Sehnsüchten und Gefühlswallungen könnte der Film zum Trigger werden, aber gerade der ruhige Erzählfluss und die vielen schönen Aufnahmen eines Bilderbuchsommers am Genfer See stehen dem entgegen. Mit anderen Worten: Dieser Film ist ein Geheimtipp für alle, die etwas Abwechslung im oft nach sehr ähnlichem Muster gestrickten Genre des Coming-of-Age-Films gut vertragen können.

Holger Twele