Jugend

Länge:
135 Minuten
Altersempfehlung:
Ab 14 Jahren
FSK-Freigabe:
keine Angabe
Regie:
Sébastien Lifshitz
Darsteller:
/
Genre:
Dokumentation , Jugend
Land:
Frankreich, 2019

„Jugend ist die Lebensphase der Veränderung, eine Art des sich Häutens, das Abstreifen seines Kokons“ – so beschreibt der französische Regisseur und Drehbuchautor Sébastien Lifshitz diesen wichtigen wie komplizierten Abschnitt im Leben eines jeden Menschen. Und genau diese „Art des Häutens“ wollte er in seinem Dokumentarfilm, der ganz einfach den Titel „Jugend“ trägt, näher beleuchten. Dafür hat Sébastien Lifshitz seine beiden Protagonistinnen Emma und Anaïs über fünf Jahre lang begleitet – von deren 13. bis zum 18. Lebensjahr. Die beiden Freundinnen wachsen in der mittelgroßen Stadt Brive-la-Gaillarde im Südwesten Frankreichs auf und besuchen zusammen die Mittelschule. Ansonsten könnten sie unterschiedlicher nicht sein: Anaïs ist blond und übergewichtig, Emma zart, schlank und dunkelhaarig. Und während Anaïs aus einfachen Familienverhältnissen stammt und zusammen mit ihren beiden jüngeren Brüdern aufwächst, ist Emma ein Einzelkind und als Tochter einer Beamtin und eines Verkaufsleiters einen gewissen Wohlstand gewöhnt. Doch ihre Konflikte und ihr Umgang mit dem Durcheinander in der Pubertät ähneln sich.

So müssen sich beide Mädchen harten Auseinandersetzungen mit ihren Müttern stellen. Anaïs bekommt ständig die Probleme ihrer psychisch und gesundheitlich labilen Mutter ab, wird aber selbst kaum von ihren Eltern wahrgenommen. Dagegen hat Emma mit ihrer ehrgeizigen und unzufriedenen Mutter zu kämpfen, die nur an ihr herumnörgelt und andauernd Leistungsdruck ausübt. Klar, dass diese Streitereien, die nur schwer auszuhalten sind, tiefe Verletzungen bei Emma und Anaïs hinterlassen. Nichtsdestotrotz wehren sich die Mädchen, setzen sich selbstbewusst mit ihren Eltern auseinander und geben ihnen Kontra.

Die Wege der Freundinnen trennen sich, als Anaïs auf eine Berufsschule und Emma auf ein Konservatorium kommt. Doch noch leben sie in einer Stadt, verbringen ihre Freizeit zusammen, verlieben sich das erste Mal und helfen einander über Enttäuschungen hinweg. Die Kamera ist immer dabei, ganz dicht. Hier macht sich bezahlt, dass Sébastien Lifshitz die beiden über eine so lange Zeit regelmäßig besucht hat und ein sehr vertrauensvolles, freundschaftliches Verhältnis aufbauen konnte. Seine Protagonistinnen haben sich ihm geöffnet, wie sie es wahrscheinlich ihren Eltern gegenüber noch nie getan haben. Das ist die eine Stärke dieser Langzeitdokumentation.

Die andere ist die Vielschichtigkeit der Themen. Dabei geht es geht hier nicht um große „Dramen“ und Abstürze, wie sie gern in Coming-of-Age-Filmen dargestellt werden. In seinem Film dokumentiert Sébastien Lifshitz gewöhnliche, aber nicht minder bedeutungsvolle Konflikte. Diese zeigt er mit einer selten zu erlebenden Offenheit und Tiefe, begegnet ihnen mit Respekt und einer bemerkenswerten Ernsthaftigkeit. So haben die Mädchen nicht nur mit der Abnabelung von den Eltern zu tun, mit der Liebe und „dem ersten Mal“, sie müssen mit Leistungsdruck und Schulstress fertigwerden, über eine berufliche Perspektive nachdenken und sie müssen – last but not least – herausfinden, wer sie sind und was sie vom Leben erwarten. Der Film, der übrigens die persönliche Geschichte der Mädchen immer auch in der politischen Situation des Landes verortet, endet mit Emmas Weggang zum Studium nach Paris. Ob ihre Freundschaft diese Trennung übersteht, wird sich zeigen.

Barbara Felsmann

Weitere Angaben

Filmtyp: Farbe

Streaming-Anbieter

Angaben beruhen auf Informationen zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (5. Woche 2021).