Im Westen nichts Neues

Prädikat besonders wertvoll
Länge:
148 Minuten
Altersempfehlung:
Ab 16 Jahren
FSK-Freigabe:
Ab 16 Jahren
Regie:
Edward Berger
Darsteller:
Felix Kammerer (Paul Bäumer), Albrecht Schuch (Stanislaus Katczinsky), Aaron Hilmer (Albert Kropp), Edin Hasanović (Tjaden Stackfleet), Daniel Brühl (Matthias Erzberger) u. a.
Genre:
(Anti-)Kriegsfilm , Drama , Literaturverfilmung
Land:
USA, Deutschland, Großbritannien, 2022

Er gehört zu den Klassikern der Weltliteratur und beschreibt aus der Sicht eines jungen Soldaten den Schrecken des Ersten Weltkriegs: Erich Maria Remarques 1929 in Buchform veröffentlichter Roman „Im Westen nichts Neues“, der auf eigenen Erfahrungen des Schriftstellers und Gesprächen mit anderen Kriegsteilnehmern basiert. Nach zwei vorherigen Leinwandadaptionen legt Edward Berger nun eine neue, recht freie Verfilmung des berühmten Stoffes vor.


Worum es in „Im Westen nichts Neues“ geht:


1917, drei Jahre nach Beginn des Ersten Weltkriegs, meldet sich der Teenager Paul Bäumer mithilfe einer gefälschten Unterschrift zum Militärdienst. Zusammen mit seinen Schulfreunden wird er an die Westfront in Nordfrankreich geschickt und träumt vom Siegeszug auf Paris. In den Schützengräben erwartet die jungen Männer allerdings das blanke Grauen. Auch 18 Monate später ist die Armee noch nicht entscheidend vorangekommen. Fernab der Kampfhandlungen bringen die vielen toten Soldaten den Politiker Matthias Erzberger daher zu einer folgenreichen Erkenntnis: Verhandlungen über einen Waffenstillstand sind unumgänglich. Gegen Widerstände nimmt er Gespräche mit der anderen Seite auf.


Wie „Im Westen nichts Neues“ den Krieg inszeniert:


Wer Remarques Antikriegsklassiker kennt, wird schnell merken, dass sich Edward Berger in seiner Version einige Freiheiten nimmt. Die Handlung setzt zeitlich später ein als im Roman. Von der Einschreibung geht es im Film umgehend ins Kriegsgebiet, während der Protagonist im Buch auch von seiner Grundausbildung berichtet. Und den Strang rund um Erzberger gibt es in der Literaturvorlage nicht. Vor allem über den letzten Punkt kann sicher diskutiert werden: Ist es wirklich sinnvoll, Pauls Perspektive zu verlassen? Oder wird der Erzählung damit ein Stück ihrer schmerzhaften Direktheit geraubt? Andererseits machen die Einschübe erschütternde Gegensätze sichtbar: Für einige Befehlshaber sind die Soldaten lediglich Schachfiguren auf einem Spielbrett. An der Front hingegen herrscht der nackte Überlebenskampf. Essen ist dort eigentlich immer knapp. Politiker und Generäle können sich stattdessen an reich gedeckte Tafeln setzen.

Deutlich betont „Im Westen nichts Neues“ auch den Kontrast zwischen der Hurrastimmung vor dem Aufbruch Pauls und den bitteren Erfahrungen nach seiner Ankunft in Nordfrankreich. Sind die Farben in den Anfangsszenen aus der Heimat satt und warm, verdunkeln sich die Bilder, sobald die Soldaten den Schützengraben erreicht haben. Die Euphorie in den Gesichtern der jungen Männer, die von einer flammenden Rede ihres Schulleiters angestachelt wurden, weicht schon bald entgeisterten Blicken. Denn heldenhaft ist in der Schlacht rein gar nichts. Blut, Matsch, splitterndes Holz und überall Leichen – den Krieg inszeniert der Regisseur konsequent als Hölle auf Erden. Besonders aufwühlend sind dabei die Momente, in denen der Film kurz zur Ruhe kommt. Etwa dann, wenn Paul im Nahkampf auf einen feindlichen Soldaten einsticht und dieser quälend lange mit dem Tod ringt. Die Sinnlosigkeit des Abschlachtens und seine eigene Rolle werden ihm hier schlagartig bewusst.

Mit Absicht scheinen Berger und seine kreativen Mitstreiter*innen auf eine ausführliche Charakterisierung ihrer Figuren zu verzichten. Wichtiger ist ihnen, den Horror des Krieges ganz konkret in seinen unterschiedlichen Facetten zu beschreiben. Erwähnen müssen wir in diesem Zusammenhang auf jeden Fall den Einstieg, der den Kreislauf der Todesmaschinerie knallhart auf den Punkt bringt: Die Uniformen gefallener Soldaten werden eingesammelt, in die Heimat geschickt und dort zusammenflickt, um sie schnellstmöglich an den nächsten kampfwilligen Mann, in diesem Fall Paul, weiterzugeben. Dass immer wieder neue Menschen in den Tod geschickt werden, unterstreichen auch die Abschlussbilder, die eine frühere Begebenheit in abgewandelter Form zeigen.

Christopher Diekhaus

Weitere Angaben

Filmtyp: Farbe

Streaming-Anbieter

Angaben beruhen auf Informationen zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (43. Woche 2022).