Ich seh, ich seh

Ein Haus inmitten von Wald und Wiesen – wie es scheint, wachsen die Zwillinge Elias und Lukas in einer idyllischen Umgebung auf. Als ihre Mutter allerdings von einer Schönheitsoperation mit bandagiertem Gesicht ins traute Heim zurückkehrt, breiten sich umgehend Argwohn und Feindseligkeit aus. In herrischem Ton maßregelt sie ihre Kinder. Immer wieder fordert sie lautstark Ruhe ein und straft einen der beiden Söhne mit besonderer Missachtung. Irgendwann nimmt das Spannungsverhältnis überhand, und die beiden Jungen sind sich plötzlich sicher, dass eine fremde Frau den Platz ihrer liebenswerten Mama eingenommen hat. Was mit einer Vermutung beginnt, entwickelt sich in kurzer Zeit zu einem häuslichen Kleinkrieg, bei dem Elias und Lukas drastische Methoden einsetzen, um Gewissheit zu erlangen.

Schon die ersten Bilder verströmen trotz aller Ausgelassenheit ein seltsames Unbehagen, das die Spielfilmdebütanten Veronika Franz und Severin Fiala im weiteren Verlauf langsam, aber konsequent verdichten. Auf kleine Irritationen folgen offene Auseinandersetzungen, die den schrecklichen Verdacht der Kinder nähren. Als die Geschwister schließlich zur Tat schreiten, dreht sich mit einem Mal die Sympathieverteilung um. Wirkt die in Bandagen gehüllte Frau zunächst wie ein grässlicher Hausdrachen, mutiert sie nun zu einem bemitleidenswerten Opfer, das ihren Söhnen hilflos ausgeliefert ist. Zartbesaitete Zuschauer seien an dieser Stelle eindringlich gewarnt, da Franz und Fiala durchaus blutig-verstörende Momente inszenieren. Um selbstzweckhafte Gewaltexzesse handelt es sich dabei aber nicht. Vielmehr drücken die körperlichen Übergriffe den hohen Grad der Verunsicherung aus, der die Kleinfamilie – der Vater ist komplett abwesend – von innen zu zerstören droht. In einer Schlusswendung wird deutlich, dass all dem eine tragische Vorgeschichte zugrunde liegt. Auch wenn diese Pointe nicht allzu überraschend kommt, überzeugt „Ich seh, ich seh“ als atmosphärischer, vorzüglich bebilderter Psychothriller, der sich auf beunruhigende Weise mit den Themen „Identität“ und „Wahrnehmung“ auseinandersetzt. Nichts für schwache Nerven und diejenigen, die auf jeden Handlungsschritt sofort eine klare Antwort brauchen.

Blu-ray-Bildformat:1:2,39/1080p
Ton:dts HD 5.1 MA
Sprachen: Deutsch dts HD 5.1 MA

DVD Extras: Making of, Trailer

Blu-ray Extras: Making of, Trailer

Christopher Diekhaus