I'm a Virgo

Serienstart:
23.06.2023
Staffel:
1
Folgen:
7
Länge der Folgen:
23-39 Minuten
Altersempfehlung:
Ab 16 Jahren
FSK-Freigabe:
Ab 12 Jahren
Regie:
Boots Riley
Darsteller:
Jharrel Jerome (Cootie), Olivia Washington (Flora), Kara Young (Jones), Carmen Ejogo (LaFrancine), Mike Epps (Martisse) u. a.
Genre:
Fantasy , Drama , Komödie
Land:
USA, 2023

Wenn wir etwas dringend brauchen, dann sind es Filme und Serien, die dem Superheld*innenthema neue, spannende Facetten abgewinnen. Zu formelhaft, zu effekthörig sind mittlerweile viele Werke, in denen übermenschlich starke Retter*innen die Welt vor dem Untergang bewahren. Eine skurrile Abwandlung gängiger Muster bietet auf jeden Fall die siebenteilige Prime-Video-Produktion „I'm a Virgo“, die einen vier Meter großen Teenager auf eine verrückte, technisch überzeugend umgesetzte Erkundungsreise schickt.


Wovon die Serie „I'm a Virgo“ handelt:


Jeden Tag verbringt der wundersam hoch aufgeschossene Cootie im Haus seiner Tante LaFrancine und seines Onkels Martisse, die sich seit seiner Geburt um ihn kümmern. Sorgsam schirmen ihn die beiden von der Gesellschaft ab. Denn, so sagen sie, noch sei diese nicht bereit für einen afroamerikanischen Jungen, der deutlich größer ist als alle anderen. Als seine Körperlänge immer mehr Schäden verursacht, müssen sie im Garten einen vor Blicken geschützten Anbau errichten, der auf Cooties Maße zugeschnitten ist. Die Außenwelt reizt den inzwischen 19 Jahre alten Riesen aber so sehr, dass er sich nicht mehr länger verstecken will. Einmal draußen, zieht er mit der Clique der Aktivistin Jones um die Häuser und macht erste aufregende Erfahrungen. Auch in Sachen Liebe kann sich Cootie schon bald austesten. Immerhin hat die Burgerladenangestellte Flora, die selbst über eine ungewöhnliche Fähigkeit verfügt, ein Auge auf ihn geworfen. Dass die Welt nicht nur ein Spielplatz ist, sondern ebenso ein Ort krasser Ungerechtigkeiten, begreift der zunächst blauäugige Cootie schnell genug.


Ist die Serie lohnenswert?


„I'm a Virgo“ ist zunächst einmal die Erwachungsgeschichte eines 19-Jährigen, der bisher keinen Kontakt zu anderen Menschen hatte. Das, was jenseits von Cooties vier Wände liegt, erschließt er sich über Comics, TV-Serien und Werbespots – und bastelt sich so ein sehr naives Bild vom „echten Leben“ zusammen. Genau dieses kollidiert nach seinem „Ausbruch“ mit der Wirklichkeit, was immer wieder komische Momente heraufbeschwört. Unsicher ist sich Cootie etwa, wann über welche Dinge gelacht werden kann. Und krampfhaft bemüht er sich beim ersten Sex mit Flora, einer der köstlichsten Sequenzen überhaupt, um den richtigen Gesichtsausdruck und die passenden Sprüche – so, wie er es eben aus dem Fernsehen kennt. Nur kurz reißt „I'm a Virgo“ Cooties Ärger darüber an, dass er die ganze Zeit eingesperrt wurde. Alles sei nur zu seinem Besten geschehen, beteuern seine Erziehungsberechtigten. Dennoch nimmt der Teenager das Wort Misshandlung in den Mund. Etwas zu schnell tritt dieser Gedanke dann aber wieder in den Hintergrund.

Wichtig ist Serienschöpfer Boots Riley, der seine Karriere als Rapper begann, auch der Blick auf die bestehenden gesellschaftlichen Verhältnisse. Elemente des Superheld*innenkinos, Emanzipationsgeschichte und absurde Komik werden gewürzt mit einer ordentlichen Portion Kapitalismuskritik. Vor allem die Benachteiligung der Afroamerikaner*innen findet in „I'm a Virgo“ ihren Platz, nicht nur in Person der Aktivistin Jones. Treffend zugespitzt wird zum Beispiel die Härte des US-Gesundheitssystems, in dem weniger Privilegierte erschreckend oft durchs Raster fallen. Etwas plakativ und albern wird es jedoch im Fall des Milliardärs Jay Whittle, der als „The Hero“ in den Straßen für Recht und Ordnung sorgt. Walton Goggins spielt diesen Großkapitalisten herrlich exzentrisch, die Figur hat durchaus Potenzial. Unter dem Strich kommt sie aber etwas zu karikaturenhaft rüber. Ein bisschen schade auch, dass unser sympathischer Protagonist, der im wahrsten Sinne des Wortes größte Trumpf der Serie, in der sechsten Folge völlig aus dem Fokus gerät. Andererseits können wir froh sein, wie viele schräge Ideen, auch visuelle Spielereien, Boots Riley aus dem Hut zaubert. In einer Zeit, in der gerade die Streamer enttäuschend oft Mittelmaß produzieren, ist so etwas erfrischend.

Christopher Diekhaus

Weitere Angaben

Filmtyp: Farbe

Streaming-Anbieter

Angaben beruhen auf Informationen zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (25. Woche 2023).