Hinter der Tür

Ungarn, in den 1960er Jahren: Magda, eine sehr gebildete Schriftstellerin, die nach Jahren der stalinistischen Zensur nun endlich den ersten literarischen Erfolg erfährt, zieht mit ihrem kranken Mann Tibor in eine kleine Villa am Stadtrand. Um sich in Ruhe dem Schreiben widmen zu können, stellt sie eine Haushälterin namens Emerenc ein. Emerenc wohnt gleich nebenan, ist äußerst eigenwillig, manchmal sogar schroff und lässt niemanden, auch Magda nicht, in ihr Haus. Irgendein Geheimnis trägt die Haushälterin mit sich herum, Geschichten darüber – beispielsweise über ihre Schwestern, die vom Blitz getroffen wurden, von der Mutter, die Selbstmord beging, oder von einem versteckten jüdischen Kind während des Krieges – gibt es reichlich. Doch sind sie wahr? Über die Jahre haben sich die beiden Frauen arrangiert und vor allem Magda akzeptiert, dass sie die unsichtbare Grenze, die ihre Haushälterin immer wieder in Bezug auf ihr Inneres setzt, nicht überschreiten darf. Bis die inzwischen gebrechlich gewordene Emerenc ihr Haus nicht mehr verlässt. Während die Nachbarn in heller Aufregung sind, scheint nun allein Magda in der Lage zu sein, den entscheidenden Schritt über die Schwelle tun zu können.

Oscar-Preisträger István Szabó adaptiert hier den preisgekrönten Roman „Die Tür“ der ungarischen und übrigens nicht mit ihm verwandten Autorin Magda Szabó (1917 – 2007). Er selbst sagt zu seiner neuen Arbeit: „Weil dieser Film ein Kammerspiel ist, brauchte er etwas anderes als das, was ich in der Vergangenheit gemacht habe – er braucht Intimität. Filme wie ‚Turning Sides – Der Fall Furtwängler’, ‚Mephisto’ oder ‚Being Julia’ brauchten eine Bühne, Theater, eine gewissermaßen militärische Größe. Aber dieser Film brauchte etwas, das uns hilft, eine Intimität herzustellen. (…) Ich brauchte zwei Schauspielerinnen, die eine wahrhaftige, eigene Würde und Stärke haben.“ Die fand der Regisseur in der großartigen Martina Gedeck („Das Leben der anderen“, „Die Wand“) für die Rolle der Magda und der mehrmals mit dem Oscar prämierten Helen Mirren („Die Queen“, „Ein russischer Sommer“) und es ist wundervoll, den beiden Frauen bei ihrer so viele Rätsel aufgebenden Annäherung zuzuschauen. In kleinen Gesten, in Blicken, nie in Worten, wird die tiefe Zuneigung zueinander sichtbar gemacht, doch auch immer wieder gebrochen durch die Unnahbarkeit der Emerenc und der Ich-Bezogenheit der Magda. Dabei spielt Szabó mit den Geheimnissen, die die Haushälterin umgeben, lässt vieles offen und entwickelt so eine immense Spannung. Die aber kann am Schluss, als Magda endlich Emerenc’ Haus betritt, weder gehalten noch aufgelöst werden. Denn was sie dort entdeckt, hat mit den aufgebauten Vermutungen und Befürchtungen wenig zu tun.


DVD-Bildformat: 1:1,85; 16:9
Ton: Dolby Digital 5.1
Sprachen: Deutsch, Englisch
Untertitel: Deutsch, Englisch

Barbara Felsmann